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Alt 30.11.2006, 02:52
dorchen83 dorchen83 ist offline
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Standard AW: Wenns überhaupt interessiert

Hallo...

Es interessiert!!! Es fehlen oft nur die Worte...
Was du täglich erlebst ist nicht "fehlender Wille", sondern Angst und Unsicherheit - das ist nicht nur auf das Forum bezogen.. sondern vor allem auf deine Umgebung... Das heisst nicht, dass du nun noch Mitleid, mit deinem armen Umfeld haben brauchst, welches nicht weiß, was zu sagen oder was zu tun ist ...
das heisst: wenn man Hilfe braucht, muss man das leider klar formulieren, und dazu auch klar formulieren, welche Hilfe man wünscht und wie der andere einem konkret helfen soll...
Einfach Beispiel: "Zuhören".. eigentlich sollte es einfach und selbstverständlich sein, und doch ist es so schwer - wozu ein Psychotherapeut, wenn man einen guten Freund hat? Ja, wenns doch so einfach wäre... die meisten menschen sind nach 5 Minuten spätestens mit dem Thema überfordert - so überfordert, dass man das Gespräch schon von selbst in eine andere Richtung lenkt (man sieht bereits die Panik in den augen ). Wenn man aber sagt: "Mir geht es nicht gut. Ich brauche jemanden, der mir einfach nur zuhört - mich in den Arm nimmt - nicht urteilt über meine Gefühle, sondern einfach da ist. Du brauchst auch nichts sagen." Dann wird dein Gegenüber froh sein, dies für dich zu tun - unter Garantie. Was meinst du, warum dich nun so viele gefragt haben wie (!!!) sie dir helfen können - sie wollen helfen... wissen nur nicht was dir helfen würde..

Nun das Gesundheitssystem... das ist eine andere Sache... da gebe ich dir Recht... es fehlen Dienstleister und Hilfsangebote für Krebskranke und deren Angehörige, wenn diese noch nicht bettlägerig oder ähnliches sind - mein Dad hat einen Gehirntumor (inoperabel - und auch keine andere Therapiemöglichkeit) und das schon seit 12 JAhren, auch wenn ihm damals nur 3 Monate bis allerhöchstens ein Jahr gegeben wurden (das soll nun kein Akt im Sinne von: "hallo sieh her, mir gehts auch schlecht - lebe mit so einer situation schon seit 12 Jahren" sein, sondern erstens - im Gegenteil - Mut machen, dass schlechte Prognosen nicht stimmen müssen und dass zweitens keine Therapiemöglichkeit = baldiger Tod heissen muss und dass es zu schaffen ist, auch wenn es unmöglich erscheint - wir waren bei Papas diagnose damals 11; 13 und 15 und meine Ma hatte bestimmt ähnliche Ängste und Sorgen und hat sie auch immernoch).
Wir bräuchten Hilfe - er kann nicht mehr alleine sein (das schon seit vielen Jahren nicht), es gibt Tage da kann er sich nicht alleine waschen oder aufs klo ... aber es gibt auch Tage, da kann er es... also haben wir noch keine Pflegestufe... und keinen Pflegedienst ... und den Hospizdienst (der übrigens kostenlos kommt), den will meine Ma noch nicht. So haben wir morgens nur, wenn meine Ma arbeitet, eine völlig überforderte, weil "normale" Kinderfrau, die auf meinen Papa aufpasst (das ist noch unsere Kinderfrau von damals ). Und wenn meien Ma mal einen Termin hat, passen wir auf meinen Paps auf... irgendwie funktionierts - wenns noch schlechter wird, kriegen wir hoffentlich dann auch sofort die Pflegestufe zugesagt. Also in dem Sinne liegt Deutschland brach - verwirrtheit und ähnliches zählt nicht als pflegebedürftigt... leider... also hier wird der Krebs ausgeklammert - du hast recht.

Aber es gibt Instanzen, die dir helfen und das auch gerne tun. Wie der eben erwähnte ambulante Hospizdienst - diese menschen arbeiten ehrenamtlich und sind auch vor allem dazu da, den angehörigen den Rücken frei zu halten, sie zu stützen, zuzuhören - ganz tolle Menschen, die auch andere Hilfsinstanzen vermitteln können. Und Hospiz heißt auch nicht gleich Tod (deshalb scheuen sich ja viele - so wie meine ma - leider!). Wenn du magst suche ich dir eine Stelle in deiner Gegend heraus.

Hast du denn mit deiner Frau schon eine Patientenverfügung geschrieben? Das ist sehr wichtig, solche Dinge zu regeln, wenn sie es noch kann. Der Hospizdienst unterstützt einen z.B. auch beim Verfassen solcher Dokumente oder bei der Beantragung einer PFlegestufe.

In welcher Verfassung ist denn deine Frau? Deine Kinder halten dir bestimmt auch gerne einmal den nachmittag frei, wenn es sein muss... Kinder sind stärker als man meint - nur sie haben manchmal auch angst... aber wenn man offen mit ihnen redet - ihnen sagt, dass man auch angst hat, dann hilft das sehr (das hat meine Ma damals leider nicht ganz so gut hinbekommen)... . Mit 14 und 18 sind sie schon sehr weit - auch wenn sie in diesem Alter nicht mit einer solchen Krankheit und mit dem möglichen Verlust ihrer Ma konfrontiert werden sollten - egal in welchem Alter ... diese Krankheit kommt einfach nie zum richtigen Zeitpunkt...

und es ist schlimm... es ist einfach eine scheißkrankheit... und die situation in der du bist - in der die meisten hier sind - sie ist einfach traurig und ungerecht... das kann man nicht schönreden... * dich von hier aus einfach mal stumm ganz lieb in den Arm nehmend*

Aber vielleicht hilft es ja, dass man da nicht alleine durchmuss? Ich bin so wie die anderen auch da. Ich sage dir: "Ich würde dir gerne helfen! Du kannst gerne fragen! Jammern! Fluchen! Um konkrete Hilfe bitten! Ich bin da, so gut ich kann."
Und das meine ich so.

Einen ganz aufrichtig lieben Gruß

Dorchen
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