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Alt 26.11.2006, 16:25
*gerhard* *gerhard* ist offline
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Hallo Kuki,

so wie Du Deinen Vater beschreibst, scheint er mir durchaus oft mit seiner Krankheit beschäftigt zu sein. Das ist ja auch gar nicht verwunderlich, denn er hat in den letzten 3 Jahren schon sehr viel mitgemacht: Nieren-OP, zwei schwere Lungen-OP´s, eine Imuntherapie, die ihm "an die Substanz ging". Und nun trotzdem und erneut viele Metastasen in der Lunge und damit die Einsicht: Der Kampf geht weiter! Da kann man sich z.B. schon berechtigt im Stillen fragen: Wieviel Monate, wieviel Jahre verbleiben mir noch? Lohnt sich der ganze Aufwand eigentlich? Was kann, was soll ich noch mit meinem Leben anfangen? Geht das jetzt immer so weiter? Oder nimmt die Lebensqualität sogar noch weiterhin ab?

Denn soviel ist klar: Auch die medikamentösen Nebenwirkungen sind nicht ohne und schränken die Lebensqualität deutlich ein. Bei den beschriebenen Symptomen handelt es sich um die typischen, in den Beipackzetteln beschriebenen Nebenwirkungen, die ich selbst nach einigen Wochen Einnahme von Nexavar beobachten konnte. (Lediglich das schreckliche Jucken der Kopfhaut, wohl eine Art Entzündung der Haarwurzeln, muss nicht bleiben; bei mir hörte es nach 1 Woche wieder auf, dann vielen mir jedoch sehr viele Haare aus, bevor sie sich langsam gekräuselt und lockig wieder zu erneuern begannen. Die Verstopfung ist selten eine Nebenwirkung, typisch ist eher das Gegenteil. Aber es ist ja erst 1 Woche her, seit Dein Vater Nexavar nimmt. Manche Nebenwirkungen kommen erst nach 3-4 Wochen, und nach einiger Zeit der Gewöhnung nehmen die Beschwerden oft wieder ab. Verstopfung kann eine Nebenwirkung von verordneten Schmerzmitteln sein. )

Möglicherweise denkt Dein Vater gar nicht nur an sich. Vielleicht belastet ihn sehr viel mehr der Gedanke an seine Frau, an Dich und evtl. Geschwister, an die Familie: Wie kommen sie mit meiner Krankheit, mit meinem möglichen Tod klar? Falle ich ihnen nicht zunehmend zur Last?

Wahrscheinlich war Dein Vater in den ganzen letzten 3 Jahren auch ziemlich lange (oder sogar nur noch) krank geschrieben, während Deine Mutter, wie Du schreibst, in Schichten arbeitet. Auch das sind Dinge, die einen Familienvater umtreiben können, welcher bislang seine Familie mit- oder sogar überwiegend ernährt hat und nun plötzlich so gar nichts mehr zu tun hat bzw. mangels Verfassung auch tun kann. Mit Sicherheit ist Dein Vater auch von Nexavar ziemlich mitgenommen und schlapp und verbringt so, wie Du schreibst, normalerweise den größten Teil des Tages alleine zuhause.

Dass er aber dann, wenn ihn mal ein Freund besucht, nicht gleich "aufdreht" und gut drauf ist, sondern den Freund im Gegenteil gar nicht richtig wahrnimmt oder begrüßt, deutet für mich darauf hin, dass Dein Vater zur Zeit einen sehr tiefen Konflikt erleidet, für den er (noch) keine Lösung gefunden hat. Und über den er momentan vielleicht auch (noch) gar nicht mit anderen reden kann oder will.

Vielleicht liege ich völlig falsch und habe ich einfach nur zuviel Phantasie.
Jedenfalls kam mir sehr viel an Deinen Schilderungen irgendwie bekannt vor.

Und nach alledem kann ich Dir auch keinen besseren Rat geben, als zu versuchen, langsam und geduldig mit Deinem Vater über seine Gefühle (und auch über Deine Gefühle!) ins Sprechen zu kommen.

Eine reine Nebenwirkung von Nexavar ist es sicherlich nicht. Wohl aber würde ich vorsorglich auch einmal ausschließen lassen, dass es sich möglicherweise um eine Metastase im Gehirn handelt.

Dir und Deinem Vater Alles Gute, viel Geduld und Kraft.

Gerhard

Geändert von *gerhard* (26.11.2006 um 16:34 Uhr)
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