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Alt 08.10.2006, 15:12
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Tränen Tränen ist offline
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Standard AW: In Gedenken an dich Günter

Lieber Günter

ich möchte dir auch ein paar Auszüge aus einem Kapitel im eigenen Buch schreiben, es ist aus dem Kapitel "meine Gedanken und Gefühle über den Tod meiner Liebsten"

Der Tod gehört zum Leben. Jeder Mensch und jedes andere Lebewesen auf der Welt wird eines schönes Tages geboren, geliebt und gemocht, doch dann kommt der Zeitpunkt an dem er/sie/es gehen muss und wir uns verabschieden müssen. Der Abschied fällt nicht immer leicht, es kommt darauf an, wie sehr wir den Menschen geliebt haben und ob wir uns darauf vorbereiten konnten sie/ihn zu verlieren oder ob es uns aus heiterem Himmel erwischte oder ob es eine Art Erlösung war. Der Tod meiner Uroma ist mir zwar sehr nah gegangen, aber er war richtig, denn ein Leben in Qualen muss nicht sein und sie hatte ein stolzes Alter. Der Tod meines Schatzes allerdings, den habe ich bis heute noch nicht wirklich verarbeitet, der geht mir mehr als nah. Sein Verlust tut mehr als nur im Herzen unwahrscheinlich weh, mir ist als würde ein Teil meines Herzes fehlen. Ich vermisse ihn schrecklich. Ich wollte es erst nicht wahr haben das er gestorben ist, so wirklich habe ich es erst bei der Beerdigung geschnallt wo ich ihn habe im Sarg mit unserem Kind hab liegen sehen. Ich brach zusammen und ich habe mich von allen zurückgezogen. Ich wollte nur noch allein sein, doch war das ein sehr großer Fehler. Ich wurde von meinem Chef für 3 Wochen in den bezahlten Zwangsurlaub geschickt und anschließen auch noch mal für 3 Wochen krankgeschrieben, da ich nicht arbeitsfähig war. In der Zeit war ich fast 24 Stunden am Tag auf dem Friedhof. Ich saß am Grab und weinte mir die Augen aus dem Kopf. Ich fragte mich immer und immer wieder warum, warum er und nicht ich, warum auch unser Kind? doch ich bekam keine Antwort. Als ich dann meine Ausbildung weiter machte ging ich von morgens bis abends arbeiten und anschließend kurz heim und dann zum Friedhof. Mein Leben war bestimmt von meiner Arbeit und dem Gang zum Friedhof. Es wurde Winter und selbst im Schnee saß ich an seinem Grab. Ich wurde angewiesen zum Psychologen zu gehe um mit dem Tod meines Schatzes und unseres Babys umgehen zu können. Doch der war dann nicht sein Fall. Wenn man mir sagt das man mich versteht, ohne selber einmal in einer solchen Situation oder eine ähnliche durchgemacht zu haben, der lügt und er/sie ist kein guter Psychologe. Nun ja jedenfalls haben mir diese Sitzungen nicht geholfen. Ich wurde ziemlich oft krank, da ich bei Wind und Wetter am Grab saß und auch öfters dort geschlafen habe. Irgendwann habe ich mich selber gefragt warum es mich immer wieder zum Grab zieht und ich kam zum Entschluss, dass es mit ihren Körperhüllen zu tun haben muss. Er hält unser Kind in dem Arm und daher nehme ich an, das ich die Nähe zu ihnen suchte. Zu wissen sie liegen hier und unser Sohn ist mit meinem Schatz zusammen, das muss mir das Gefühl gegeben haben immer und immer wieder zu kommen und wenn ich da war, dann war es wie ein Bann ich konnte einfach nicht gehen. Immer wieder bin ich am Grab zusammengebrochen, aber das war mir egal. Ich wollte einfach nur bei meinen Liebsten sein. In mir war eine Leere, ich fühlte mich einsam und verlassen. Mein Schatz war mein Leben, mein Lachen, mein Traum, mein Verlangen, er war einfach alles für mich. ...
Er war immer für mich da, er ist der beste Freund den man haben konnte und es war der Mann mit dem ich eine Familie gründen, alt und grau wollte. So wie ich ihn geliebt habe und liebe, so werde ich nie wieder lieben können, davon bin ich überzeugt. ...
Er ist nun mal im Reich der Toten und ich muss ihn gehen lassen. Ich muss ihm seinen Frieden gönnen. Wenn es ein Leben nach dem Tod gibt, dann bestünde ja theoretisch die Möglichkeit, dass wir uns wiedersehen. Als ich nach meinem Koma beschlossen habe mit meiner Schwester gemeinsam einen Neuanfang zu wagen, da wusste ich nicht, ob mir nicht die Nähe zum Grab fehlen würde, doch ich kam mit dieser Trennung klar. Ich wusst ja das sein Grab immer gut gepflegt wird selbst nachdem sein Mam gestorben ist und sein Bruder mit Papa ausgewandert sind, nun kümmert sich seine Tante darum und legt einmal pro Woche eine rote Rose aus Grab nur für mich. Mein Tagebuch hat mir in der schweren Zeit immer gut geholfen auch wenn ich fast immer das gleicht geschrieben habe. Der Tod war leider in den letzten Zeit immer sehr präsent durch den Tod meiner über alles geliebten Zwillingsschwester bedingt durch Krebs und Trauer, Mircos Oma, Yvi und Maik an einem Tag, Günters Tod durch Krebs und dann gleich 9 geliebte Menschen auf einmal. ...
In meinem Kopf war es manchmal schon ganz schön wirr und durcheinander vor allem seit ich selber schwer erkrankt bin und der Tod selber für mich sehr real wurde. Ich bin seit 3 Jahren nicht mehr ich selber. Ich habe mich zum negativen verändert, ich bin eine launische, zickige und depressive junge Frau geworden. Es fängt schon damit an, das ich das letzte mal herzlich und ehrlich gelacht habe an 23.8.2003, seither lächle ich nur noch und das auch oft nur gequält. Ich bin oft egoistisch gewesen und dabei hasste ich bis vor 3 Jahren Menschen die dieses Verhalten am Tag legten und nun legte ich es selber an den Tag. Ich wurde immer dünner und die Krebstherapie tat ihren Rest. Seit ich aber einen zweiten Versuch eines Neuanfangs wagte geht es bergauf, ich habe wieder an Gewicht zugelegt durch 2 wunderbare Köche und das Gefühl von Geborgenheit, aber der Kampf gegen den Krebs geht weiter. Ich denke sehr oft eigentlich täglich an meine verstorbenen geliebten Freunde und Familieangehörigen und ich hoffe immer, dass sie in Sicherheit sind und es ihnen gut geht. ...
Das verarbeiten der ganzen schweren Verluste ist ein schwieriger Akt, aber wenn man die Verluste verarbeiten will dann schafft man das auch mit viel Zeit und Geduld. Ich will diese Verluste verarbeiten und akzeptieren und dabei hilft mir das schreiben an diesem Buch, das ist eine gute Verarbeitungsmöglichkeit. Ich brauche nur Zeit dafür und die nehme ich mir, denn es bringt nichts wenn ich mich nur halbherzig mit diesen Verlusten beschäftige.


Das war ein Auszug aus meinem eigenen Buch einem Kapitel daraus. Wenn es mir besser geht gibt es mehr aus meinem Buch.

deine Nicole