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Alt 03.10.2006, 13:35
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Tränen Tränen ist offline
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Standard AW: In Gedenken an dich Günter

Lieber Günter

heute Nacht wart ihr alle bei mir, ich habe einen sehr schönen Traum gehabt und der ist zu 100% Realität gewesen denn es ist so damals abgelaufen. Es war der Tag an dem die Mauer fiel, wir waren alle bei uns im Haus und feierten eine Party als plötzlich die Nachricht kam das die Mauer gefallen sei. Wir alle, du, deine Frau, deine Tochter, Oma, dein kleiner Bruder (der einen Monat später starb), dein Papa, deine Mama, die Geschwister meiner Mama mit ihren Kindern, meine Eltern und wir Kinder (mein späterer Schatz, Mirco, Yvi, Maik, Chris, Dirk, Dine, Nadine, Bika, Baby Nico und ich wir waren im Kinderzimmer und spielten und hatten eine Pyjamaparty) als ihr plötzlich ins Zimmer gestürmt seid und uns aufforderte uns anzuziehen. Wir wussten gar nicht was los war, wir waren aber aufgeregt und in der Aufregung purzelte ich die Treppe runter und weinte hemmungslos, denn mein Bein war gebrochen und der Knochen guckte raus. Es war um mich ein Trubel und so nahmst du mich auf den Arm und Mama und du ihr fuhrt mich ins Krankenhaus wo ich nur eine halbe Stunde später unter dem Messer lag (die Narbe sieht man heute kaum noch ist ja auch schon lange her). Die anderen fuhren mit ihren Trabis zur Mauer und feierten dort, doch du und Mama ihr seid nicht von meiner Seite gewichen und Papa kümmerte sich derzeit um die anderen Kindern. Bei vielen Geburtstagsfeiern war dieser Tag ein Gesprächsthema. Es war heute nacht so real das ich erst gar nicht wusste wo ich bin als ich aufwachte. Den Stein von der Mauer den mir Papa mitgebracht hatte den habe ich heute noch und hüte ihn wie mein Augapfel. Ich weiß auch noch das es am Abend zum Abendbrot deine weltberühmte Bohnensuppe gab. Du weiß gar nicht wie sehr ich die vermisse, denn nur du hast die so perfekt hinbekommen, selbst meine beiden Köche bekommen die nicht so hin.

Ich vermisse euch so sehr, das es im Herzen richtig weh tut und als ich von diesem schönen Traum wach wurde und langsam zu mir kam und wusste das es nur ein Traum war, da musste ich weinen. Wie sehr würde ich euch in den Arm nehmen, euch ins Ohr flüstern wie lieb ich euch habe und wie sehr ich euch brauche, doch das kann ich nur noch in Gedanken machen. Ich liebe euch und würde am liebsten zu euch kommen, doch das darf ich nicht stattdessen wollen alle das ich stark bin, doch das bin ich im Moment nicht im Gegenteil ich bin nur noch ein Häufchen Elend. Die Chemo ist für mich einfach nicht zu schaffen ohne das ich dabei zugrunde gehe. Ich halte die Nebenwirkungen einfach nicht mehr aus. Ich möchte nicht mehr, ich möchte einfach nur noch die Augen zumachen und dann habe ich den Sch... hinter mir. Meine Ärzt meckern auch nur noch mit mir, ich solle ins Krankenhaus, denn in ihren Augen spiele ich mit meinem Leben oder ich solle wenigstens zu Hause und mich nicht zur Arbeit quälen. Doch ich brauche doch die paar Stunden auf Arbeit wo ich einfach alles verdränge um nicht 24 Stunden an den Sch... zu denken und mich nur selber bemitleide. Mein Chef passt auf mich auf und schickt mich heim wenn er merkt das es mir eigentlich zu viel ist und das habe ich meine Ärzten gesagt und mein Chef steht außerdem mit meine Ärzten in Kontakt.

Ich frage mich die ganze Zeit seit wann es den Krebs gibt, warum er entsteht und warum er Menschen alles nimmt wie die Würde, die Kraft, die Haare, die Persönlichkeit, den Lebensmut und die lieben Menschen und und und? Von der medizinischen Seite weiß ich es, aber es gibt ja auch noch die emotionale Seite. Warum wenden sich Freunde langsam ab und andere kommen neu dazu? Was macht der Krebs nur aus Menschen außer seelische und körperlich Fraks?

Dein Papa hat gestern abend angerufen bei mir und mich gefragt ob ich zu Besuch komme, ich brauche nicht zu seinem Geburtstag kommen da er mich lieber mal für sich allein haben will. Ich sei von seinen 19 Urenkel sein Liebling und er vermisse mich das hat uns beide zum weinen gebracht, mich vor Rührung und ihn vor Sehnsucht. Ich werde am 4 November fahren da habe ich Urlaub und da ich am 3. in Berlin sein werde so fahre ich am Morgen des 4. rüber und von da dann wieder heim, aber ich habe ihm versprochen ganz oft mit ihm zu telefonieren und da hat er sich auch gefreut. Oma ist auch süß sie meinte ich sei ein Schatz wenn ich komme um ihn wieder ein wenig aufzumuntern auch sie weiß das es mir zu viel ist, wenn ich mit der ganzen Familie (um die 100 Familienmitglieder) mich gleichzeitig treffe und zu viel erdrückt werde mir Liebe und Fürsorge. Mit Mama werde ich heute noch telefonieren.

So nun tun mir meine Finger zu doll weh um weiter zu schreiben und mir ist vom Mittag schlecht.

deine Nicole