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Alt 09.09.2006, 21:29
Anemone Anemone ist offline
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Registriert seit: 24.11.2005
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Standard AW: Was jetzt ? Sie fehlt mir so sehr !

Hallo lieber Gerd,
ich habe Dir schon im BSDK-Forum geschrieben, dass ich mit Dir fühle. Auch weiß ich, dass Dich nichts richtig trösten kann. Aber vielleicht hilft Dir das Wissen, dass es hier Menschen gibt, die Dich gut verstehen. Wir haben alle das Liebste verloren, was wir hatten. Manche nach endlos langem Leiden, andere wenige Wochen nach einer niederschmetternden Diagnose. Was ist "besser"? Gibt es hier überhaupt ein "gut" oder "besser"? Ich weiß es nicht...
Als ich miterlebte, wie sehr mein lieber Mann leiden musste, dachte ich oft: Ein schneller, unerwarteter Tod ist nicht so schlimm wie dieser Weg. Im Nachhinein bin ich froh, dass wir Zeit hatten, uns voneinander zu verabschieden. Wir haben uns vieles sagen können, was vielleicht sonst ungesagt geblieben wäre, wir haben oft zusammen geweint, aber manchmal waren wir auch dankbar und froh für die Zeit, die wir zusammen erleben durften, obwohl wir natürlich auch noch viele Pläne hatten.
Mein Schatz hat einmal gesagt: Ich habs doch gut, ich weiß, dass Du bei mir bist bis zu meinem Ende. Du wirst das nicht haben, und das ist für mich schlimm.
Vielleicht ist es für Dich in Deinem Schmerz ein kleiner Trost, dass Du Deine liebe Frau bis zum Ende begleiten konntest. Du hast so viel für sie getan. Ich wünsche Dir für die nächste Zeit ganz viel Kraft und Zuversicht. Weine, wenn Dir danach ist. Es ist gut, wenn Du weinen kannst. Ich möchte Dir noch ein Gedicht von Jörg Zink mitgeben, das mir sehr gut gefällt. Vielleicht hilft es Dir ein ganz klein wenig:

Ich will dir sagen,
was dir hilft:

Weinen, weil du verlassen bist, denn du bist es.
Weil dir kalt ist. Es ist wirklich kalt.
Weil dir das Weh das Herz zusammenzieht,
mehr als irgendeiner von uns ermisst.
Du brauchst nicht unter der Eisdecke zu leben.

Schreien. Auch wenn es jemand hört.
Ich verstehe es, wenn du zornig bist
über das Unrecht, das dich getroffen hat.
Wenn du wütend bist auch auf Gott,
der das zugelassen oder gar gewollt hat.
Auch Hiob klagte Gott mit harten Worten an.

Verstummen, wenn du das Gefühl hast,
der andere könne dich nicht verstehen.
Wenn du zu müde bist, zu reden,
oder wenn du dich, auf eine seltsame
und grausame Weise, schuldig fühlst.

Eines Tages wird es nicht mehr so wichtig sein,
zu weinen oder zu schreien. Aber jetzt ist es gut.
Und jetzt soll es dir niemand verwehren.


Lieber Gerd, komm gut durch die Nacht, ich wünsche Dir, dass Du schlafen kannst.

Anemone

Geändert von Anemone (12.09.2006 um 12:57 Uhr)
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