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Alt 01.08.2006, 20:30
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iris1506 iris1506 ist offline
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Standard AW: Mal an die Angehörigen von Krebskranken, wie meistert ihr euren Alltag

liebe petra

ich kann dich gut verstehen, mir ging es genau so. habe meinen papa im märz 06 an diese schreckliche krankheit verloren.

nach diagnose vor drei jahren habe ich auch die erste zeit nur geheult.
dann lief alles an üblichen behandlungen, mit der zeit habe ich, auch papa, ziemlich alles verdrängt und normal in familie und beruf weitergelebt.

trotz dauerbehandlung mit kleinen unterbrechungen sahen die ct`s und mrt`s immer gut aus.

ich habe auch im ersten jahr der erkrankung schon im geiste die todesanzeige schon verfasst.
auch habe ich mir schon einen trauerspruch notiert und zwei fotos von papa und mama mit dem trauerspruch ins stammbuch gelegt.

diese gedanken vergingen dann mit der zeit wieder.
wir haben auch alle viel gelacht und gescherzt und unsere feste weitergefeiert.
dann dieses jahr an karneval, am altweiberdonnerstag, bekamen wir die niederschmetternde diagnose hirnmetastasen.
da noch eine bestrahlung in erwähgung gezogen wurde, blieb papa noch in der klinik.
auf meinem nachhauseweg von der klinik überkam mich eine tiefe verzweiflung und hilflosigkeit, ich wußte zudem noch, das es sich nur noch um wenige wochen handelt. papa war hilflos.
mama an alzheimer erkrankt, noch hilfoser als papa.
wie soll ich das nur schaffen????

als ich dann zu hause war, zog ich mich lustig an und ging mit bekannten zum weiberfasching nur für ein paar stunden.
ich hatte erst ein ganz schlechtes gewissen, aber diese paar stunden haben mich darin bestärkt es zu schaffen, egal wie.
freitags besuchte ich papa wieder, der nichts von seinem schlimmen zustand wußte, aber vielleicht ahnte????
er sagte dann zu mir, morgen ist doch unser umzug im dorf, du brauchst morgen nicht kommen, sonst fehlt euch ja einer auf dem wagen.
so habe ich den karneval noch mitgefeiert und papa dann am aschermittwoch aus dem krankenhaus geholt.

als er zu hause war, mußte ich ihm alles von karneval erzählen und er freute sich, das alles so gut geklappt hat.

von dem moment an hatte ich nie wieder ein schlechtes gewissen.

abschalten so richtig konnte ich aber in den letzten wochen nie.
ich habe funktioniert wie ein roboter, bin selbst krank geworden, über 6kg abgenommen.

trotzdem habe ich alles mit papa und mama gut hinbekommen.
papa ist 4 wochen nach seiner diagnose hirnmetastasen friedlich bei uns allen zu hause eingeschlafen.
mama lebt jetzt schon über 4 monate bei uns.

ich selbst gehe heute in einer woche in reha für gewicht und nerven.
danach im oktober in türkeiurlaub für 2 wochen.

dann bin ich hoffentlich wieder richtig fit und habe neue kraft für mama gesammelt.

du siehst, die kraft kommt von alleine, da hat deine kollegin recht.
ich schicke dir zudem noch ein ganz großes kraftpaket.

liebe grüße

iris
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