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Alt 03.06.2006, 13:01
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solaris solaris ist offline
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Standard AW: bsdk im anfangsstadium/whipple/chemo was nun?

Lieber denker!

Erst einmal finde ich es ungeheuer ermutigend, dass der Tumor so früh entdeckt und so gut operiert werden konnte. Auch dass nur ein Lymphknoten befallen war, ist wirklich positiv.

Was die Chemo angeht, ist sie meiner Meinung nach ein sehr zweischneidiges Schwert. Ich bezeichne es immer mit: Den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Einerseits hast du die Chance, dass eventuell noch vorhandene Krebszellen eliminiert werden und nichts mehr wiederkommt. Andererseits schwächst du das Immunsystem damit natürlich enorm und da gerade bei Krebs dies eine tragende Rolle spielt, ist es auch wiederum schlecht.
Auch wenn Studien sagen, dass eine Chemo gut sei, würde ich dem nicht allgemein zustimmen, dazu kommt es viel zu sehr auf die Wachstumsschnelligkeit und andere Faktoren an, als dass man das pauschal sagen könnte. (Abgesehen von den Fragen, wer wurde untersucht unter welchen Umständen und mit welcher Intention und wer steckt hinter den Studien, das klingt vielleicht kleinlich, aber ich habe da schon die wildesten Sachen in anderen Bereichen mitbekommen, warum sollte es hier anders sein.)

Wer nur eine Chance hat, indem der Krebs schnell zurückgedrängt wird, der hat mit einer Chemo wahrscheinlich die einzige Möglichkeit, alternative Methoden greifen dafür einfach zu langfristig und sind ebenso ungewiss.

Ich glaube nicht, dass es deswegen gut wäre, dir strikt zu dem einen oder anderen zu raten, es ist so sehr vom Einzelfall abhängig, dass ich es leichtfertig fände.
Bei mir selber waren mit Sicherheit noch einige Zellen vorhanden nach der OP, eine Chemo wäre deswegen auch nur vorbeugend gewesen und ich habe sie abgelehnt und war überzeugt, dass es das richtige sein würde. Das soll dich nicht zu einer Entscheidung drängen, es zeigt nur, dass es auch so geht, ein Wagnis ist es in jedem Fall, egal wie du entscheidest. Du wirst hier sowohl Fälle finden, die in der Chemo ihr Heil gefunden haben als auch andere und deswegen auch zwei verschiedene Meinungen bzw. Herangehensweisen.

Was mir Sorgen macht, ist, dass deine Mutter in keiner guten psychischen Verfassung ist, das ist so wichtig für die Genesung und dabei kann sie im Vergleich zu anderen doch so optimistisch sein. Dass sie nicht gut essen kann, ist völlig normal, das dauert einfach lange, immerhin fehlt ihr der Zwölffingerdarm und der ist entgegen der landläufigen Unwissenheit für die Verdauung mindestens so wichtig wie der Magen. Sie soll ihren Ehrgeiz auf andere Dinge richten, in denen sie Fortschritte machen will. Meiner war es zB, den Ärzten zu zeigen, dass sie nicht Recht haben und ihre voreiligen Schlüsse Lügen zu strafen, bei jeder Kleinigkeit hab ich mich gefreut, auch wenn's nur so ein Blödsinn war wie nach eine Woche ein besseres Lungenvolumen zu haben als der Sani. *gg*

Dass sie nichts darüber lesen will, ist für mich vollkommen verständlich. Mir ging's genauso, ich hatte nicht die Nerven und vor allem nicht die Konzentration, mich eingehend damit zu beschäftigen, das habe ich meinen Eltern überlassen, erst viel später habe ich begonnen, selber nachzulesen. In dem Fall müssen sich einfach die Angehörigen einbringen, das wird sonst alles zuviel für den Kranken, auch wenn er im Endeffekt selbst entscheiden muss, eine schwierige Sache.

Ärzte sind manchmal wirklich ungeschickt. Bei mir wussten sie durch einen vorhergehenden Unfall überhaupt nicht, was es nun sein könnte, ich hatte mich aber schon darauf eingestellt. Die Diagnose habe ich dann erfahren, indem sich ein Tölpel auf's Bett setzte und fragte: "Haben bei Ihnen in der Familie schon viele Krebs gehabt?". Nunja, nicht besonders einfühlsam, aber ich denke, es ist auch für einen Arzt schwer, immer alles richtig zu machen, viele wollen einen Patienten nicht zu sehr belasten, ich bin froh, dass vor meiner OP nicht feststand, ob und was raus musste, das hätte mich vielleicht auch umgehauen. Dabei kommen dann diese diffusen Aussagen heraus .

Ich kann euch nur alles Gute wünschen, versuche vielleicht, die Gedanken deiner Mutter auf das zu lenken, was sie schon wieder alles kann und macht, obwohl sie so viele Organe verloren hat, ihr zu zeigen, wie leistungsfähig sie eigentlich ist und wie unbedeutend ihre Einschränkungen im Gegensatz dazu sind, dass sie lebt. Vielleicht hilft ihr das?

Alles Liebe für euch,
Andrea
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