Einzelnen Beitrag anzeigen
  #5  
Alt 10.05.2006, 10:21
Benutzerbild von rezzan
rezzan rezzan ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 10.01.2006
Ort: Frankfurt
Beiträge: 145
Standard AW: Psychoonkologie

Hallo Michael,
es freut mich wirklich sehr, dass es deiner Mum so gut geht - Alimta scheint bei euch ja wirklich ein richtiger Glücksfall zu sein!

Meinem Vater geht es soweit auch sehr gut. Er hat jetzt die Chemo und alle Bestrahlungen hinter sich und ist momentan tumorfrei. Natürlich fühlt er sich noch sehr schwach, aber wenigstens ist die Übelkeit vorbei und auch sonst geht es täglich ein kleines Stück besser. Vor allem ist er mental total zuversichtlich und glücklich, weil er allen Ernstes glaubt, dass er es überwunden hat. Obwohl ihm die Ärzte klipp und klar gesagt haben, dass es sehr schnell wieder kommen wird und es dann eben sehr, sehr schlecht aussieht. Er denkt auf jeden Fall, dass er noch viele viele Jahre hat und hat mir und meiner Schwester stolz verkündet "So, er bliebe uns also noch viele Jahre erhalten".

Naja, irgendwie scheint das ein Verdrängungsmechanismus zu sein, den ich einerseits erschreckend finde, der mich andererseits aber auch etwas entlastet. Gestern ist er fröhlich und munter wie seit langem nicht mehr nach Istanbul geflogen (wie gesagt, dort lebt er ja eigentlich). Also, eigentlich sollte alles wunderbar und im Lot sein. Und die ganze Zeit über konnte ich auch ganz gut damit umgehen, aber ausgerechnet jetzt, wo alles ganz okay scheint, habe ich das Gefühl es nicht mehr zu schaffen.

In sechs Wochen hat er die nächste Untersuchung und ich bin sicher, dass wir da schon mit einem Rezidiv rechnen müssen. Und wenn dann nicht, dann bei der übernächsten. Ich möchte mir gar nicht erst vorstellen, was mit ihm passiert, wenn seine "Scheinwelt" spätestens dann zusammenbricht...

Deshalb möchte ich mich einfach jetzt schon mal erkundigen, wie und wo ich dann psychologische Hilfe für ihn bekommen kann. Du hast sicher Recht, dass die erste Anlaufstelle wohl der Onkologe ist. Ich werde mal versuchen, bei ihm einen Termin zu machen, weiß aber nicht, ob das ohne das Beisein meines Vaters geht.

Im Moment nutze ich die Verschnaufpause, um selbst etwas auf die Reihe zu kommen, im Job soweit alles vorzubereiten, dass ich notfalls auch mal wieder länger "ausfalle" - wie gesagt, der Arzt meinte zu uns, dass er wahrscheinlich diesen Sommer noch relativ unbeschwert haben dürfte, aber es dann im Herbst sehr schnell gehen kann.

Sorry, ich wollte jetzt nicht allzu pessimistisch klingen. Natürlich kann immer noch alles anders kommen und sicher hat jeder eine eigene Entwicklung. Aber ich kann und will mich nicht an vielleicht falsche Hoffnungen klammern - denn das ist wiederum etwas, was mich fertig macht.

Ich danke dir wieder einmal für deine Tipps - habe auch schon über Simonton-Methode gelesen, klingt für mich unfassbar unseriös und nach halb-esoterischem Quatsch. Wenn ich schon so etwas wie "innere Kraftquelle" und "Heilungsressourcen wie Friede, Freude, Zuversicht..." lese...

Wünsche dir alles Gute und würde mich freuen, wenn du mal wieder von dir hören/lesen lässt:-)

Rezzan

Geändert von rezzan (10.05.2006 um 11:16 Uhr)
Mit Zitat antworten