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Alt 11.01.2006, 15:16
Laetitia Laetitia ist offline
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Beitrag AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Lieber Gerhard,

Du hast von vielen lieben Menschen Mitgefühl und Anteilnahme bekommen und jeder gibt Dir das Beste seiner Gedankenanstösse, wie "man" mit Trauer umgehen könnte. Eigentlich ist dem nichts mehr hinzuzufügen...Dennoch möchte ich Dir schreiben, einfach weil mich Deine Geschichte sehr berührt hat. Vielleicht sollte ich es nicht tun, da ich ein denkbar schlechtes Beispiel an Trauerverarbeitung bin. Mein Mann, mit dem ich dreissig Jahre innig in Zweisamkeit verbunden war, ist ebenfalls kläglich an Krebs gestorben und es zerreisst mich heute noch vor Schmerz und Trauer. Heute heisst in meinem Fall 3 Jahre und 10 Monate!!! Auch ich wäre am Liebsten im Eiltempo hinterhergelaufen...und auch mich "tröstet" es nicht, zu hören, dass er jetzt keine Schmerzen mehr hat (wäre ja noch schlimmer..) oder er wollen würde, dass ich wieder fröhlich bin. WOHER wissen das die Menschen. Ich weiss, es soll Trost sein, klingt aber häufig einfach nur hilflos.
Aber Du siehst, ich bin noch hier! Vielleicht könntest Du den Versuch wagen, einfach einen Tag nach dem anderen zu überstehen,- Dich um das Grab Deiner geliebten Frau zu kümmern...wer ausser Dir würde das mit Liebe tun? Dich um die Dinge kümmern, die Deiner Frau am Herzen lagen...vielleicht Pflanzen oder Bücher..oder....???? Was würde mit all den geliebten Gegenständen und Erinnerungen geschehen, wenn Du auch nicht mehr da wärst? Ich weiss, das zählt alles nicht,- nicht wirklich, aber es hält einen "kurzzeitig am Leben". Der Tod läuft Dir nicht davon!
Wie ich Dir schrieb, bin auch ich (trotz dieser Zeit) immer noch verzweifelt und sehne nichts mehr herbei als meinen Mann und unser Leben. Mein Mann war der wichtigste Mensch in meinem Leben und auch mein bester Freund. Eigentlich sollte ich Dir das nicht schreiben, da es Dich demotivieren könnte und ich sicherlich den Unmut der anderen Schreiber(innen) auf mich lade. Aber selbst ich in meiner Verzweiflung kann Dir sagen, dass sich Deine Trauer verändern wird. Die Bilder der Krankheit und der Qualen werden etwas verblassen, es kommen manches Mal aufeinmal blitzartig Erinnerungen an bestimmte Dinge und Ereignisse im Leben, die Dir Fragen "beantworten". Auch wenn Du nicht an eine Art Weiterleben glauben magst,- Du wirst sehen, es gibt Momente, in denen Du eine Art Anwesenheit Deiner geliebten Frau verspürst und sei es nur in Form von immenser Ruhe und Gelassenheit, die über Dich kommt.
Ich wünsche Dir sehr, dass Du die kommenden Wochen und Monate ein wenig Zuversicht erreichen kannst.
Mir hat das Schreiben hier im KK sehr geholfen und ich habe auf diese Weise gerade in den ersten Monaten Mitgefühl bekommen, das ich in meinem Umfeld nicht bekam. Lass Dich hier trösten, soweit das möglich ist und fühle Dich hier in diesem Kreise etwas weniger alleine.
Alles Gute, Laetitia (früher Nadine, da aber mittlerweilen soviele Nadines hier sind, musste ich auf einen anderen Namen ausweichen)
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