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Alt 29.11.2005, 22:18
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Gabriele 2 Gabriele 2 ist offline
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Registriert seit: 11.09.2005
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Standard AW: Vulvakarzinom--Suche junge Betroffene

Liebe Dandelion,

auch ich habe sehr viel Achtung vor Deiner Haltung, Umsicht und offensivem Umgang mit Deiner Diagnose. Gut so! Es ist wohltuend, nicht wahr, dass Du so liebevolle Unterstützung durch Deinen Partner und Freunde erfährst. Zwar können sie Dir Deinen Schmerz und Traurigkeit nicht nehmen aber Sie können Deine Seele wärmen.

Ich denke, dass ich mich genauso entschieden hätte wie Du. Ich hatte neben dem Tumor auch noch einen klitorisnahen Befund der aber gelasert werden konnte. Eigentlich ging es mir nach der OP recht gut auch ohne PDA - aber Tanja hat bestimmt recht wenn sie Dir dazu rät. Mir wurde dies gar nicht angeboten. Möglicherweise wäre ich schon nach 1 1/2 Wochen wieder zu Hause gewesen wenn nicht die Entzündung in den Leisten gekommen wäre.

Ich kann überdies Tanja und Susi nur beipflichten: auch ich fühle mich keineswegs verstümmelt obwohl ich davor grosse Angst hatte. Mein Operateur hat anscheinend sehr gut gearbeitet - dies wurde mir von anderen Gynäkologen immer wieder bestätigt. Natürlich sehe ich nun anders aus, finde mich aber keinesfalls unästhetisch. So bin ich nun eben.

Ich habe mehr als 4 Wochen auf die OP warten müssen weil Weihnachten dazwischen lag. In dieser Zeit hatte ich irrsinnig viel zu tun: Arbeit, die ich nicht abgeben konnte aber auch wohl nicht wollte und das war gut so.

Nachdem mir mein Gyn die Diagnose mitgeteilt hatte war ich einfach nur schockiert, weniger verzweifelt. Nach der Brustkrebs-OP war ich ja gerade auf dem Weg, mich wieder zu erholen. Ich wollte nicht sofort nach Hause und so habe ich einen Briefblock gekauft, mich in ein Café gehockt und einem lieben Freund einen langen Brief geschrieben. Genauso habe ich es auch nach der ersten Krebs-Diagnose gemacht. Wenn mich etwas sehr bewegt, dann muss ich schreiben - mir von der Seele schreiben. Mein Tagebuch ist mir in dieser Zeit wieder sehr wichtig geworden; ganze Bücher habe ich voll geschrieben.

Meine Familie (ich lebe im Haus meines Vaters dessen Betrieb ich leite) ist ziemlich konfliktbeladen und dort habe ich mir auch keine grossartige Hilfe erwartet. Eine meiner Schwestern war wichtig und mein Bruder - die waren einfach da und haben mich nicht bedrängt. Und eine ganz liebe Freundin - mit ihr konnte ich ganz offen sprechen oder mailen - die mails flogen nur so.... Geschäftsbedingt musste ich oft erklären, dass ich wieder mich operieren lassen müsse; dort habe ich drumherum geredet denn diese Leute geht meine Vulva nichts an.

So wie auch Tanja, rate ich Dir unbedingt zu einer Anschlussheilbehandlung, die meist schon vom Krankenhaus aus beantragt wird. Ich war so froh, dort sein zu können und viel Zeit für mich zu haben. Zudem hatte ich wunderbare Ärzte, die sich rührend um mich kümmerten und mich aufbauten. Noch heute habe ich inzwischen freundschaftlichen Kontakt zu einer Psychologin die mich auffing und der ich mich sehr verbunden fühle als auch zu einer Ärztin.

Sehr empfehlen kann ich Dir die Reha-Klinik "Park-Therme" in Badenweiler. Ich war im Sommer wieder dort und es war für mich wie "Nach-Hause-Kommen" und hat mir sooooo gut getan.

Ich finde es auch sehr wichtig, dass Du entscheidest, was operiert werden "darf" und Dich so vor schockierenden Überraschungen schützt. So kannst Du Dich darauf einstellen und zu Deiner Entscheidung stehen. Du fühlst Dich dadurch sicherlich nicht so "ausgeliefert" oder fremdbestimmt.

Unbedingt möchte ich Dir raten, weite Slips mitzunehmen; am besten ein paar Nummern größer und kochfest. Nach der Lymphknoten-Entnahme darf nichts einschnüren oder einengen - das ist ganz wichtig denn zu enge Wäsche behindert den ohnehin gestörten Lymphabfluss. Dabei ist es auch egal, ob Dir ein Lymphknoten entnommen worden ist oder 20. Bei mir trat literweise Lymphflüssigkeit aus den sich wieder öffnenden Wunden heraus obwohl mir "nur" 7 links und 3 Knoten rechts entnommen wurden. Ich habe mir dann regelrechte "Liebestöter" besorgt - die sind inzwischen lange wieder entsorgt, haben mir aber gute Dienste geleistet. Auch heute achte ich auf nicht einengende Wäsche aber das finde ich gar nicht schlimm und sieht auch gut aus.

Ganz wichtig ist auch, dass Du möglichst bald nach der OP Lymphdrainagen bekommen solltest um so die Lymphflüssigkeit anzuregen neue Wege zu finden.

Ach ja: lass nicht zu, dass man versuchen könnte, Dir die Fäden zu ziehen ohne dass man Dir vorher schmerzstillende Mittel verabreichte (bei mir geschehen). Am besten ist Novalgin oder besser noch Traumal.

Oh je, jetzt habe ich viel mehr geschrieben als ich wollte und vielleicht liest Du meine mail gar nicht mehr, bevor Du Morgen im Krankenhaus stationär aufgenommen wirst.

Wie auch immer - ich werde am Donnerstag und überhaupt mit ganz vielen Gedanken bei Dir sein und ich bin ganz sicher, dass Du alles gut überstehen wirst. Ich habe den Eindruck, dass Du eine sehr mutige und starke Frau bist - das kann Dir nur helfen. Was ich von Dir gelesen habe geht mir nahe. Nimm jede Hilfe, die Du bekommen kannst und lass Dich tragen von der Zuneigung und Liebe der Menschen, die Dir nahe stehen.

Eine sehr herzliche, tröstende und aufmunternde Umarmung sende ich Dir ---

Gabriele
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