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Alt 14.12.2002, 21:56
Gast
 
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Standard Bauchspeicheldrüsenkrebs

Es ist schwierig einen Anfangssatz zu schreiben. Meine Mama hat Ende September eine Thrombose in beiden Beinen gehabt, nach tausend Untersuchungen hin und her und zahlreichen Röntgenaufnahmen und Ultraschalls, haben die Ärzte einen schwarzen Fleck auf der Leber entdeckt. Und wieder wurde meine Mama wie ein Versuchskaninchen behandelt: Röntgen, Punktionen. Wenn ich daran zurückdenke, hätte ich mich anders entschieden und meine Mutter nicht bestärkt diese grauenhaften Untersuchungen über sich ergehen zu lassen. Mitte November bekamen wir endlich die Diagnose:Bauchspeicheldrüsenkrebs mit Metastasen in der Leber. Zudem hatte meine Mama bereits Metastasen an der Bauchwand, die sich ständig mit Wasser füllten. Es wurde dann so eine Art "Ablaufschlauch" in den Bauch meiner Mama eingeführt.....2-3 volle Beutel waren das täglich. Ich habe immer noch gehofft das wir es gemeinsam schaffen, da meine Mama seit jeher ein zäher Mensch gewesen ist. Am 02.01.00 habe ich meine Mama wie jeden Tag im Krankenhaus besucht, wir haben viel gelacht und geredet....über banale Dinge. Leider haben wir nie über Gefühle oder den Tod in der Zeit gesprochen, da dies so entfernt und so unwahrscheinlich erschien. Am 03.01.00 besuchten ich und meine große Schwester meine Mama wieder im Krankenhaus. Dieser Tag war der Schrecklichste in meinem Leben und ich wünsche keinem, der einen Menschen so liebt wie ich meine Mama liebe, dass er mitansehen muss, wie ihm schier die Lebenskraft entweicht. Ich war wie gelähmt vor Schmerz, als ich meine Mama da so liegen sah, blaß, eingefallen und mit Morphium vollgepumpt, dass sie mich erst gar nicht erkannte. Die Tränen liefen mir in Sturzbächen die Wangen herunter, ich hoffte, dass dies nicht die Wirklichkeit sei. Wir prügelten geradezu die Ärztin aus ihrem Ärztezimmer und verlangten endlich Erklärungen, die sie uns seit 2 Monaten schuldig war. Erst da, teilte sie uns mit, dass der Krebs im Bauch meiner Mama Fußballgröße angenommen hatte und alle inneren Organe verdränge. Ich war wütend und entsetzt, wollte meine Mama fort von diesem Ort schaffen und verlangte, dass ich meine Mama jetzt mit nach Hause nehmen darf. "...ihre Mutter wird nirgendwo mehr hingehen..."
Am 04.01.00 riefen mich die Ärzte um 06:15 Uhr zu Hause an und teilten mir mit, dass meine Mama verstorben sei. Ich fühlte nichts, war taub und agierte nur noch wie in Trance. Meine Schwester und ich verlangten noch meine Mama im Sterbebett zu sehen....sie sah so friedlich aus, das Schlimme war, meine Mama hatte ich nie schöner in Erinnerung, als so sanft wie sie dort auf dieser Bahre lag in diesem schrecklichen Krankenhaus.
Erst jetzt habe ich die Kraft gefunden über dieses Erlebnis zu schreiben. Mein Lebensgefährte kennt mein Innerstes nicht, es tut weh die Worte auszusprechen, Papier ist dagegen viel geduldiger. Wenn ich von meiner Mama träume, wache ich schweißgebadet auf, es ist dann immer als ob sie noch einmal sterben würde. Sie ist mir so nah, ich kann sie umarmen...schrecke auf und bin mir bewußt, dass ich sie nie wieder umarmen werde, nie wieder herzhaft mit ihr lachen werde. Sie nie meine Kinder sehen wird. Richtig verarbeitet habe ich den Tod meiner Mutter immer noch nicht, da ich genau weiß, wenn ich darüber nachdenke, verliere ich den Verstand. Am meisten schmerzt mich, dass wir uns nie voneindander verabschiedet haben. Meine Schwester beschütze ich seitdem wie die Löwin ihre Jungen. Sie gibt mir Kraft, Halt und die Liebe, die eine Familie zusammenhält, nachdem ein wundervoller und liebenswerter Mensch aus dem Leben gerissen wurde.

Ich wünsche allen Angehörigen und Betroffenen, die nötige Kraft, dies durchzustehen. Bitte, sollte das Schlimmste eintreten, vergeßt nicht euch zu verabschieden und vergeßt vor allen Dingen nicht die Worte zu sagen, wegen denen sich erst das Leben lohnt: die Liebedie man füreinander empfindet, selbst über den Tod hinaus.

Alles Gute
Ich denke an euch und hoffe mit euch
Nadi[NadjaErschadi@web.de]
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