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Alt 02.11.2005, 22:09
simone.44 simone.44 ist offline
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Standard AW: Verzweiflung - hört das nie auf?

Hallo Anja,
hab gestern schon Deinen Beitrag gelesen, aber es nicht geschafft, Dir etwas mitzuteilen. Hätte sonst nur weinen müssen. Heute geht es wieder besser. (mal hoch, mal tief, mal so la la).
Meine Mutter ist nun auch schon seit 30.01.05 nicht mehr bei uns... Eierstockkrebs. Sie war erst 66 Jahre alt... Viel zu früh. Aber es ist wahrscheinlich immer zu früh. Ich habe auch nach diesen über 9 Monaten immer noch ganz schlechte Tage, aber auch wirklich gute Tage, wo ich sogar lachen kann und meine Gedanken tatsächlich nicht ständig um meine Mutter kreisen, richtig ist eigentlich: nicht um meine ganze Familie kreisen. Irgendwie ist mein Problem nicht nur die Trauer, sondern die Frage, ob ich alles richtig mache. Schließlich bin ich schon 'ein grosses Kind, was seine Mama verloren hat', und zwar bin ich jetzt 45 Jahre alt oder jung (wie man's nimmt). Ich glaube, ich bin jetzt diejenige, die alle zusammenhalten muss? Ich weiss nicht, ob man das von mir erwartet, aber ich fühle das so. Nur, schaffe ich das? Wer soll es sonst tun? Das hat doch meine Mutter immer gemacht... Und davor meine Oma. Was mich beschäftigt ist, dass wir -damit meine ich meinen Vater und meinen Bruder- nicht über unsere Traurigkeit sprechen. Wir wissen natürlich, das meine Mutter nicht mehr da ist und nicht mehr wiederkommt, aber irgendwie tun wir so, als könnte sie wiederkommen. Mama wollte das so... Mama hätte das so nicht gewollt .. Das sind Sätze, die wir abwechselnd sagen. Mein Vater (66), mein Bruder (36) und ich. Kann das nicht so richtig beschreiben. Wir umgehen einfach das Thema Gefühle und Traurigkeit. Ich fühle aber die Angst bei meinem Vater und bei mir selber so wie "hoffentlich spricht keiner das Thema 'Gefühle' an. Von aussen gesehen kommt mein Vater gut mit der Situation, dem sog. Weiterleben, zurecht. Auch bei meinem Bruder und mir siehts sicherlich von aussen so aus. Aber manchmal sehe ich die verweinten Augen meines Vaters. Ich kann ihn nicht darauf ansprechen. Ich schaffe das nicht. Ich will es nicht sehen ... Das selbe mache ich, wenn er mich 'erwischen' sollte. Schnell verstecke ich mich unter irgendeinem Vorwand (gerade zu duschen oder so was ähnliches). Die Kleidung von meiner Mutter hat er auch noch nicht wegräumen können. Ich glaube, ich könnte ihm dabei auch zur Zeit nicht helfen, weil ich die Situation nicht aushalten würde und wahrscheinlich ohne Ende weinen müsste. Am Nikolausabend waren wir immer alle bei meiner Mutter zum Essen. Jetzt muss ich das glaub ich irgendwie hinkriegen.
Ich denke einfach, es ist tatsächlich noch zu alles zu frisch und Trauer dauert eben. Mit meinem Mann kann ich ohne mich zu verstellen oder zu verstecken über meine Mutter sprechen; er mochte sie auch sehr sehr gerne und sagt immer, dass er einen Freund verloren hat. Wir weinen dann manchmal abwechselnd (je nachdem wer gerade obenauf ist oder unten), manchmal weinen wir auch zusammen.
Mein Beitrag ist zwar nicht gerade aufmunternd, aber ich denke, dass es auch Dir hilft zu wissen, dass Du nicht alleine bist und viele Menschen ähnliches durchmachen. Mir hilft es immer wieder, hier im Forum zu lesen. Es gibt mir Kraft weiter zu machen und Mut durchzuhalten. Ich bin mir sicher, dass der Tag kommt, wo es nicht mehr so furchtbar weh tut. Kann vielleicht noch dauern. Wie lange es dauer, ist wahrscheinlich immer anders. Aber er kommt bestimmt. Meine Mutter hat ihren Vater abgöttisch geliebt. Trotzdem konnte sie nach seinem Tod irgendwann wieder herzhaft lachen und war -so glaube ich doch- überwiegend eine glückliche Frau.
Übrigens wohne ich auch in Mönchengladbach.

Liebe Grüsse
Simone.44
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