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Alt 03.10.2005, 19:47
Alina Alina ist offline
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Standard AW: Russisch Roulette.......

Meine liebe Saphir,

ich möchte dich auch eine tapfere Kämpferin nennen. Das bist du wirklich, daran ändert auch der eine oder andere Zusammenbruch nichts.

Saphir, ich bin besorgt um dich und deine Mama. Niemand wird voraussagen können, weiviel Zeit deine Mama noch hat, wie es ihr gehen wird. Beim Schreiben dieser Zeilen überfällt auch mich wieder die Erinnerung an die Zeit mit Mama. Was hatte ich Angst, wie schwer war diese Ungewissheit auszuhalten, bei jedem Blick in ihr Gesicht gingen mir diese Gedanken und Ängste durch den Kopf: "Wie lange noch ? Wie werde ich sie versorgen können? Werde ich das schaffen ?" Mama hat mir die Antwort auf das "wie lange noch?" gegeben, indem sie manchmal Sätze einstreute wie" Das erbst du einmal" oder " ich würde NOCH gerne eine Reise machen". Daran habe ich bemerkt, dass es nicht mehr so viel Zeit ist, die uns gehört. So war es dann auch.

Drei Gedanken möchte ich dir mitteilen, die denen von Briele ähneln:
Da ist mal dein Studium. Ich verstehe, dass du dieses trotzdem weiter durchziehen möchtest. Es ist wenigstens ein Bereich, der normal weitergehen soll in dieser deiner schwierigen Lebensphase. Neben der Zusatzbelastung gibt es auch Halt und Ablenkung.Aber Saphir, ist das auch weiterhin zu schaffen ? Kannst du beiden Aufgaben gerecht werden ? Wirst du unterbrechen, wenn deine Mama dich mehr und mehr braucht ? Wann wird der Zeitpunkt sein, dass du dich vom Studium löst, um dich der anderen Aufgabe zu widmen ? Ich frage dich deshalb, weil ich Angst habe, dass auch deine große Kraft nicht für alles reichen könnte.

Der zweite Gedanke hat mit dem Hospiz zu tun. Saphir, ich wollte sie auch zuhause haben, meine Mama. Es wäre aber nicht zu schaffen gewesen, glaube ich, wegen der nötigen medizinischen Betreuung,der zu befürchtenden schweren epileptischen Anfälle und in der Hauptsache wegen der Schmerzbehandlung, die wohl nie so gut durch den Hausarzt erfolgen hätte können.
Meine Mama hat mir aber schon vorher immer gesagt, dass sie ins Horpiz will, wenn es soweit ist. Sie hat sich das Hospiz, als es ihr noch gut ging, angesehen, sie hat den Arzt dort kennen gelernt und einige Schwestern und die Zimmer bewundert, die wie Hotelzimmer sind.Mama sagte zu mir:" Mach dir keine Gedanken, das ist ein guter Platz zum Sterben " Das war es auch, wir konnten kommen und gehen, wie wir wollten, die Schwestern haben mich mit Fragen überhäuft, was Mama gern hat, was nicht, haben sich aufmerksam um sie gekümmert.
Ich will damit sagen, dass es ein liebevoller Ort ist und ich ganz viel bei Mama war.Sie war fast nie alleine ! Wenn ich heimging, tat ich das mit dem guten Gefühl, dass sofort Hilfe da wäre, wenn die Schmerzen größer werden sollten. Ich konnte schlafen und war morgens halbwegs fit( soweit das in so einer Zeit halt geht)wieder bei ihr.
Ich denke, dass es gut wäre, einfach mal ein Hospiz anzusehen und mit den Leuten dort zu reden, nur als "Sicherheitsnetz" .Sie bieten ja auch ambulante Hilfe und Besuche durch geschulte Schwestern zuhause bei den Patienten, dies wäre auch besprechenswert.
Weißt du, ich hätte beinahe den Zeitpunkt nicht erkannt, an dem Mama nicht mehr alleine zuhause sein konnte. Ich bin so dankbar, dass sich alles noch ausgegangen ist und dass ihr nichts passiert ist in meiner Abwesenheit . Deshalb auch mein Rat, auch wenn er weh tut: Bereite dich vor, Saphir ! Es soll dich nicht einfach so überrollen.Es geht ja nur um Informationen sammeln.

Meine Meinung zur Raucherei deiner Mama: Laß sie rauchen, Saphir ! Sie hat schon viel verlieren müssen, kann ihr früheres Leben nicht mehr leben, braucht Hilfe... Dann sind die Zigaretten vielleicht so eine Art Trotz:" Das habe ich wenigstens noch, das schmeckt noch !"

Ich fühle mich sehr mit dir und deiner Mama verbunden. Du warst die erste, der ich im Forum geschrieben habe und bei dir habe ich Briele kennengelernt, die mir eine Freude ist.Ich bewundere deine Standhaftigkeit, deine Kraft und deine Entschlossenheit, bei deiner Mama zu sein und zu bleiben.

Ich denke an euch beide,
Alina
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