Einzelnen Beitrag anzeigen
  #7  
Alt 05.09.2005, 00:12
AnkeH AnkeH ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 30.08.2005
Ort: Schwalmtal
Beiträge: 42
Standard AW: angst, wut und einfach enttäuscht von meiner ma

hallo alle zusammen!!!

meine ma hat ein telefon am bett!! juchhuu, ich kann sie anrufen und mit ihr telefonieren! ihr lacht vielleicht über meine reaktion, aber mein vater würde meine ma am liebsten hermetisch abschotten, damit sie bloß nichts mitbekommt und sich "schonen" soll!

ich habe heute schon mit ihr telefoniert und sie hat den blasenkatheder gezogen bekommen! wenn alles gutgeht, wird morgen wohl die pda-kanüle gezogen, da meine ma bis jetzt nicht einmal auf den ball für schmerzmittel gedrückt hatte! ich bin ja schon so happy!

als ich am samstag zu ihr gekommen bin, habe ich ihr ein geburtstagsständchen gesungen, bis zum happy birthday liebe mama bin ich gekommen, dann fing ich ganz doll an zu weinen und ich habe sie nur noch ganz feste gedrückt und geküßt, auf den mund, die stirn, die augen, den hals, die wange, wieder auf die augen, wir haben uns ganz doll in den armen gehalten und beide erstmal geweint.
dann haben wir erst mal um den heißen brei rumgeredet und ich habe ihr erzählt, daß mein pa und ich vor der intensivstation, wo wir auf sie gewartet haben (sie kam ja gar nicht dort an, da sie während der op so stabil war und kaum nachblutungen hatte und außerdem ganz viele notaufnahmen waren, daß sie nach längerem aufenthalt im aufwachraum in ihr normales zimmer könne) richtig streit ausgebrochen ist! mein vater wollte nämlich nicht, daß ich dort reingehe, obwohl die intensiv-schwester mir angeboten hatte, auf meinen kleinen julian aufzupassen, vorausgesetzt, meiner ma würde es gut gehen! ich habe ihr erzählt, daß ich meinem pa gesagt habe, er könne gehen und jederzeit wiederkommen, ich aber für meinen teil würde warten und mit der ärztin oder schwester sprechen wollen. er solle machen, was er für richtig halte aber mir keine vorschriften machen! Ich sei schließlich die tochter und sie sei meine mutter! er meinte dann zu mir: das verstehst du nicht! es ist nicht nur deine mutter, es ist auch meine frau, und ich will auch noch was von ihr haben!
ich drehte mich einfach zur seite, denn ich wollte auch nicht, daß der streit eskaliert! (ich kann nämlich auch ziemlich stur und zickig sein!) kurze zeit drauf kam die intensiv-schwester und teilte uns mit, daß meine ma immer noch im op sei und es wohl mind. noch eine stunde dauern würde!
ich war ja schon total glücklich und fragte meinen vater dann zur versöhnung, ob er noch zeit auf nen kaffee habe oder zurück zur arbeit müsse.
wir gingen also in die cafeteria und dort habe ich ihm dann gesagt, daß es ganz schön traurig wäre, wenn man kummer und sorgen oder freude und spaß noch nicht mal zwischen eltern und kindern austauschen kann. wenn diese konstellation noch nicht mal miteinander reden kann, wer denn bitte schön dann? sag es mir, papa!!!
ich teilte ihm dann mit, daß für mich klarsteht, daß ma krebs hat. entweder wolle sie es ihm auch nicht sagen um ihn zu verschonen, oder aber er weiß es auch und sie wollen mich verschonen. ich habe schon so viel geweint in den letzten tagen und bin durch die hölle gegangen, aber das ist wahrscheinlich nur ein bruchteil von dem, was er und insbesondere meine ma durchgemacht haben! wenn er auf der intensiv liegen würde und meine ma würde sagen, daß ich ihn nicht besuchen sollte, würde ich auch drauf sch"....." und ihn besuchen, da ich ihn genauso lieb hätte, wie meine ma, auch wenn ich 120 km weit weg wohne! er fing genauso an zu weinen wie ich. ich glaube, daß ihm da das erste mal die "tarnhülle" gefallen ist und er mir gegenüber gefühle zugelassen hat. hört sich vielleicht kitschig an, anders kann ich es aber nicht beschreiben!
ich teilte ihm noch mit, daß die op gut verlaufen sein muß, denn sonst würden sie ma nicht auf die normale station verlegen! also kopf hoch! wir müssen nur hoffen, daß keine metastasen in leber und lunge vorhanden sind!
wir versuchten noch, die ärztin zu erreichen, aber die war immer noch unsere ma am "zusammennähen". also verabschiedete ich mich und beim weggehen sah ich, daß meinem pa die tränen runterliefen. vielleicht denkt ihr ich bin ziemlich hart gewesen zu meinem pa, aber er hat mich immer so erzogen, direkt zu sein, sich durchzuboxen, zu sagen, was man sagen will (heute bin ich wohl ein bißchen diplomatischer als vor 20 jahren )
ich denke aber, daß ich meinen pa anders nicht hätte packen können!
als ich dann auf der autobahn war, bin ich halt auf einen rastplatz gefahren und habe dann endlich die ärztin am telefon gehabt! die op sei gut verlaufen, kaum nachblutungen, kreislauf während der gesamten op stabil und der tumor wurde großartig rausgeschnitten. vorher lungenröntgen: kein sichtbarer befund! beim abtasten der leber während der op auch kein fühlbarer befund! 5 tage dauert es allerdings, bis die feingewebeproben vorliegen!
mir fiel - ich kann es gar nicht beschreiben - eine komplette hülle herunter! hülle ist vielleicht der falsche ausdruck - ich kann es nicht beschreiben, aber ich denke, ihr, die ihr es lesen werdet und auch schon erlebt habt, werdet verstehen was ich meine! ich wurde auf dem rastplatz von einem weinkrampf geschüttelt. ich war schon mal total froh, happy, glücklich.

na ja, ich habe um auf den kern der sache zurückzukommen, daß meiner ma auch so von meinem pa erzählt und wir 2 haben uns echt schlapp gelacht, da mein vater auch sehr eifersüchtig ist, wenn ich als tochter teilweise einen "besseren draht" zu meiner ma habe, oder daß ich am op-tag schon vor ihm im krankenhaus war, um zu hören, wie es meiner ma ginge.
meine ma konnte natürlich nicht so lachen, wie sie es wollte, denn ihre bauchnarbe ist 25 cm lang und verläuft oberhalb des bauchnabels runter bis zum schambein. also lachte sie so komisch (ansatz wie beim schlimmen husten) und wir guckten uns an und giffelten wieder - schlimmer noch als vorher!
Es hat uns beiden so gut getan, mal ohne meine kinder (7, 3 und 2) und auch ohne meinen pa alleine zu reden, ich kann es euch gar nicht sagen! wir haben auch über früher gesprochen und über die zukunft, daß wir uns auch mal ganz alleine treffen müssen und werden - nur wir 2! noch ist es machbar, denn wenn meine ma mal irgendwann nicht mehr da ist, bereut man es, es nicht getan zu haben.

meine ma meinte dann noch zu mir, daß mein pa auch total fertig gewesen sei und seit der aussage des arztes, die wohl nur meine mutter (und ich) wußten, mein vater drei tage keinen bissen essen konnte und nur gebrochen habe, nach dem aufstehen, zwischendurch und abends vor dem zubettgehen! sie mopperte ihn an, daß es ja wohl nichts bringen würde, wenn er jetzt auch nichts essen könne/würde, einer müsse ja wohl den "stall am laufen" halten! meine ma ist eine ganz starke frau, sie denkt, obwohl sie selbst krank ist, immer noch an andere!
auf jeden fall habe ich jetzt ganz große hoffnung, daß sich doch noch alles zum guten wenden wird. eine katze hat auch sieben leben, habe ich meiner ma gesagt. drei joker hast du letztes jahr großzügig verschenkt: herzinfarkt, höhrsturz auf beiden ohren und jetzt darmkrebs. also: sei mal in zukunft geiziger mit deinen jokern! irgendwann sind sie aufgebraucht!!! jetzt ist erst mal schluß!
ach anke, sagte meine ma, das ist typisch deine art!

ich liebe meine ma und ich möchte, daß sie noch ganz laaaaannnnge bei mir sein wird.ich denke mal, daß ich in zukunft bestimmt anders in vielen situationen reagieren werde!

auf der hinfahrt zum khs war ich am weinen und mein großer (7) fragte mich warum. ich teilte ihm also mit, daß ich am geb.-tag meiner ma noch nie "nicht angerufen" habe oder bei ihr war, da streichelte er meinen arm und sagte ganz lieb und ruhig: mami, ist doch viel schöner, einen tag später hinzufahren, als nur zu telefonieren! ist doch total süß, oder?

ich bin total euphorisch, das merkt ihr bestimmt, doch ich glaube wirklich ganz feste daran, daß meine ma noch keine metastasen hat und sie diesen blöden tumor bekämpft bzw. entbunden hat. (nebenan ist nämlich direkt die entbindungsstation)

ich finde auch, daß wenn man darüber redet, es einem wesentlich besser geht. das habe ich auch meiner ma mitgeteilt - sie müsse es ja nicht jedem auf die nase binden - aber vielleicht würde es ihr ja helfen, wenn sie eine reha macht und dort gesprächskreise bzw. zu einem psychologen gehen würde.

ich denke mal, daß ich für heute genug getratscht habe und drücke euch allen, die ihr auch betroffen seid, ganz doll meine beiden däumchen!

sobald ich das ergebnis von meiner ma vorliegen habe (spätestens mittwoch oder donnerstag), werde ich mich wieder bei euch melden. bis dahin ganz viele liebe grüße von

anke
Mit Zitat antworten