Lieber Mario, liebe Daniela,

danke, daß Du trotz der beängstigenden Situation hier schreibst!
Ihr seid so lieb, daß es einem die Tränen in die Augen treibt. Weißt Du, das sind so Tränen die in einem hochsteigen, wenn man Musik hört, die in einem Saiten zum Schwingen bringen, oder wenn man ein Kind sieht, dessen Vertrauen noch keine Einbrüche erlitten hat, wenn man ein Erlebnis mit einem Tier hat, wenn die Landschaft nach einem Schneefall ganz still ist.

Es tut mir so leid, daß Eure Mama krank wurde, daß nun - so wie der Reisende schreibt - von einer Stunde auf die andere es dramatisch wurde. Daß man nicht weiß was man wünschen und hoffen darf, soll.

Es ist sehr traurig. In all der Traurigkeit spüre ich in mir eine Gewissheit, die ich Euch sagen möchte und hoffe Ihr findet das nicht überheblich. Wie immer es wird, es wird gut sein.
Eure Mami wird gut gehen können und Ihr werdet gut weiterleben können. Es wird viel Trauer, Verlust, Schmerz geben, aber es wird Euch nicht brechen. Das weiß Eure Mami. Trotzdem ist es gut, daß Ihr ihr das sagt und es ist schön, daß Ihr diese Sätze in ihr Ohr flüstert.

Euer kleiner Bruder, hm... Auch wenn man ihm sagt, daß die Phantasie manchmal ärger ist als die Realität, daß die Bilder die er sich ausmalt von Mami bestimmt beängstigender sind als die Wirklichkeit, wahrscheinlich erreicht man ihn mit diesen Sätzen nicht. Vielleicht wäre es eine Idee daß die Frau von der Hospizbewegung mit ihm redet?

Wir haben alle unsere Vorstellungen - und mehr als Vorstellungen kann es nicht sein - wie das ist mit dem Sterben. Ich glaube, auch wenn es Euer Bruder nicht schafft, ist das in Ordnung, bleibt nichts zwischen Mami und ihm. Er soll es dann auch nicht schwerer haben, aber da er Dich und Daniela als Geschwister hat, wird es schon gut gehen. Ihr steht da wirklich über den herkömmlichen Erwartungen und dafür bewundere ich Euch.

In Gedanken bin ich viel bei Euch. Die Kerze brennt.
Tante Briele