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Alt 20.10.2002, 15:06
Gast
 
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Standard Dokumentarfilm über das Tabu Sterben

Hallo anja,


Vergleiche sind ja nur dann nützlich, wenn sie in den *entscheidenden Punkten* übereinstimmen mit dem, womit sie verglichen werden.

So passt die Sache mit der Frau, die von ihrem Mann geschlagen wird überhaupt nicht.
Denn : Es gibt ZWEI mögliche Hoffnungen für diese Frau. Entweder die, dass ihr Mann aufhören wird sie zu schlagen und die Ehe noch gut wird ODER, dass sie wenn sie sich von ihm trennt ein besseres Leben führen wird.
Somit kann es also auch in ihrem Falle Sinn machen, die eine mit der anderen Hoffnung zu vergleichen und sich gegebenenfalls von der ersteren zu trennen UM der zweiteren, realistischeren den Vorzug zu geben.

Diese Art von Bewertung wird aber sinnlos, wenn es gar keine Alternative *gibt*!
Wenn es nur *eine* Hoffnung gibt, dann zählt auch nur *diese*. Dann hat es auch keinen Sinn darüber zu spekulieren, ob und wie "realistisch" diese ist.
Auch deshalb finde ich es geradezu absurd, zum Beispiel von einer "Wahrheit" zu sprechen, die der Hoffnung eines Kranken auf Überleben widerspricht.

Du schreibst :
"Kübler-Ross zeigt nur auf, wie man als Außenstehender Verhaltensweisen von Sterbenden deuten kann, natürlich nur mit Rücksicht auf die Individualität des Betroffenen. "

Das verstehe ich nicht. Sieh dir Punkt 1 und 2 des "Phasenmodells" an.
Da werden Wünsche und Forderungen eines Patienten "gedeutet" und diese damit *disqualifiziert*. Man muss sie nicht mehr berücksichtigen, denn : Es ist ja alles nur noch "Symptom einer Phase".
Ich sehe da nicht mehr viel Raum für Berücksichtigung der Individualität.

Zu deiner Frage wegen meiner Freundin : Sie hat sich selbst nie als "Sterbende" gesehen und ich habe sie so gesehen, wie sie selbst sich sah und gesehen werden *wollte*.
Etwas anderes steht auch keinem Menschen zu, und gerade in einer solchen Situation sowieso nicht.
Zu "Kübler-Ross" kam ich erst viel später und nicht, weil ich nach "Sterbe Erfahrung" gesucht habe.

Besonders interessant fand ich deine Antwort an Susan. Sie zeigt vielleicht den ganz entscheidenden Unterschied zwischen uns. Denn du vollziehst ganz bewusst eine Trennung zwischen *deinem* Weg und dem Weg dessen, den du als "Sterbenden" bezeichnest. Damit wird all das natürlich schlüssig.
Nur der Ausdruck "begleiten" scheint mir dann so ganz und gar nicht mehr zu passen.
Es ist einfach nur eine *Trennung*, nichts weiter. Und ehrlich gesagt möchte ich das sogar "im-Stich-lassen" nennen.
Aber man sollte das dann auch so nennen, und es sich nicht, mit Verlaub, von Kübler Ross "schön schwätzen" lassen.


Lillebror

P.S. @alle : Ob wir vielleicht den Teil der Diskussion, die sich speziell auf das "Sterbephasenmodell" bezieht in dem neuen Thread fortführen sollten ?
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