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Alt 19.10.2002, 12:41
Gast
 
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Standard Dokumentarfilm über das Tabu Sterben

Hallo, Anja,
natürlich verstehe ich, was Du meinst. Und ich hoffe, wenn ich hier über meine subjektiven Eindrücke und Erfahrungen schreibe, dass das nicht so verstanden wird, als ob ich nur diese eine Sichtweise kenne. Immer, wenn ich mich um jemanden sorge, versuche ich doch, mich in ihn hineinzuversetzen, versuche zu ergründen, was ihm jetzt guttun würde. Aber ich kann zwar ansatzweise nachvollziehen, wie sich eine Mutter fühlt, deren Kind an Krebs erkrankt ist, aber ich bin nicht diese Mutter. Ich bin "auf der anderen Seite des Zauns". Ich bin Mutter, ich sorge mich um mein Kind. Aber es ist ein Unterschied, sich um eventuelle Unfälle zu sorgen oder tatsächlich schwarz auf weiß eine Diagnose in den Händen zu halten. Das können - glaube ich - nur Mütter nachvollziehen, deren Kind ebenfalls betroffen ist. Nicht, dass ich nicht mitfühlen würde. Das ist es ganz sicherlich nicht.
Wenn aber diejenigen, die von dieser Situation betroffen sind, antworten, halte ich das für zwar subjektiv, aber ehrlich. Niemand anderer kann die Gefühle, die diese Menschen durchmachen, besser nachvollziehen oder wiedergeben, als sie selbst. Und auch diejenigen, die als Mütter oder Partner hier schreiben, schreiben über sich selbst. Über ihre Empfindungen. Wenn jemand die Tragweite einer Diagnose nicht nachvollziehen kann oder will, und ich jetzt über ihn oder sie schreibe, ist das dann objektiver als wenn er selbst seine Situation beschreibt? Er empfindet sie doch ganz anders. Er sagt vielleicht: Hey, mir geht es gut. Und Du weißt, das stimmt nicht. Er muß sterben. Unsere Familie wird zerbrechen.. Aber er fühlt sich nicht so. Er würde jetzt schreiben, wie gut es ihm geht. Meinst Du, dass das dann von ihm nicht objektiv genug ist? Ich finde es ziemlich schwierig, richtig auszudrücken, was ich meine und hoffe, Du verstehst mich.
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