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Alt 23.09.2002, 12:27
Gast
 
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Standard Frage an evtl. hier mitlesende Patienten

Morgen Brigitte,

ich wollt gerade meine Antwort an dich hochladen, als ich LisaRobbes neusten Beitrag las.
Hast du das Gefühl (also du Brigitte), ich würde dich fertig machen wollen ? Oder tu ich es etwa, ohne es zu wollen ? Hab ja nicht wirklich das Gefühl, aber sicherheitshalber will ich doch mal gefragt haben.

>>Hab Dir von den Erfahrungen als Krebspatientin erzählt. Nicht gemerkt? - Hab mir schon gedacht, dass Du meinen Eintrag persönlich nimmst, war aber nicht so gedacht.<<

Naja. Du hast dich auf mich bzw mein bisher Geschriebenes in deinen Ausführungen ja ganz offensichtlich schon beziehen wollen. Mit eingestreuten Fragen wie "was willst du eigentlich ?" und ähnlichem.

>>Wäre jetzt interessanter gewesen, wie Du über meine Gedanken selber denkst. Merkst Du nicht, dass da eine Wut hervor kommt? Bei mir? Eine Wut entsteht nicht bloss einfach so. Da hat es irgendwo einen Grund dazu. Hast Du den Sinn meines Eintrages nicht verstanden? (Der Sinn geht nicht um DICH, er geht um ALLES, was das Thema betrifft. Und den Menschen allgemein.)<<

Ja klar seh ich deine Wut. Siehst auch du die meine ?

Lass uns mal kucken, worauf wir uns (vielleicht) einigen können :

Die Entscheidung wie und *ob überhaupt* sich ein Patient mit dem "T'd beschäftigen" will muss, meiner Überzeugung nach, alleine und vollständig *ihm* überlassen bleiben. Ebenso auch das "akzeptieren" darf nur von ihm selbst entschieden werden. Und *nicht* von seiner Umgebung.
Wenn ich dich richtig verstehe bist du wütend, weil du persönlich dich entschieden hast, dich damit beschäftigen zu wollen und "akzeptieren zu lernen", dir aber einige deiner Angehörige darin nicht folgen wollen (oder können). Und siehst, dass das gleiche Problem auch andere Patienten haben. Richtig ?
Meine Wut dagegen kommt aus einem genau umgekehrt (mit)Erlebten.
Und das gibt es eben *auch* ! Und vermutlich nicht seltener. Und genau da kommt *meine* Wut her. Nun wissen wir also voneinander, dass wir wütend sind und das jeweils seinen Grund hat. Entspannt uns das jetzt etwas ?

Du hattest in deinem posting davor gefragt :
>>Aber hast Du denn was dagegen, wenn sich Krebsbetroffene mit allem auseinander setzen? Auch mit dem Sterben? Sie sind ja direkt damit konfrontiert. Soll es vielleicht "verleugnet" werden, ein Tabu für Krebskranke?<<

Nochmal : es soll jedem frei gestellt bleiben, ob er sich damit beschäftigt oder nicht. Es soll also *beide* Möglichkeiten geben !
Und auch wer sich für zweiteres entscheidet muss die Möglichkeit haben, sich über Therapien und Heilungsmöglichkeiten zu informieren und auszutauschen *ohne* auch im gleichen Zuge jenes aufgenötigt zu bekommen, über das er ausdrücklich *nichts* lesen will. Das sagte ich aber bereits schon.
Würdest du mir in diesem Punkt zustimmen ?
Nun haben ja einige Betroffene schon geantwortet, dass sie kein Problem damit hätten, jene Art von Beiträgen zu ignorieren, die sie nicht lesen wollen. Und das ist ja durchaus eine mögliche Antwort auf meine Ausgangsfrage. Ich hatte solche in dieser Art auch gar nicht von vorneherein ausgeschlossen, als ich meine Frage hier reingestellt hab.

Zum Abschluss noch zwei Bemerkungen zu Äusserungen, die hier immer wieder, auch von dir, kamen :

Zum einen die ewige Klage darüber, dass der T'd in unserer Gesellschaft ein Tabu sei.
Diesen Spruch höre ich schon so lang ich denken kann an "jeder Straßenecke" und schon alleine *diese* Tatsache widerspricht der Definition des Begriffs "Tabu".
Tabu ist ja etwas, worüber man nicht spricht.
Wenn ich desweiteren die Darstellung in den Medien betrachte kann ich da auch keinerlei "Tabu" mehr erkennen. Inzwischen ist es üblich geworden, zum Beispiel Unfall- oder Attentatsopfer in voller Großaufnahme (auch mit Gesicht) zu zeigen und das zu jeder Tages- und Nachtzeit. Und Bücher von zB Kübler-Ross erreichen Höchstauflagen.
Bitte, wie kann man da noch davon sprechen, dass der T'd grundsätzlich wie ein "Tabu" behandelt würde ?

Dann der Satz :
"Der T'd gehört zum Leben".

Sprache wird sinnlos und Verständigung unmöglich, wenn Definitionen bis ins paradoxe verzerrt werden. Der T'd ist nunmal so definiert, dass mit ihm das Leben vorbei ist. Also *kann* er gar nicht zu selbigem gehören. Dieser Satz hat wirklich null Substanz, wenn man ihn mal wirklich bewusst betrachtet.
Doch die suggestive Wiederholung dieses Spruchs scheint Trost zu schaffen. In dem eben durch paradoxe Verzerrung versucht, wird den T'd quasi im Leben drin zu halten. Ich verstehe nur nicht, wie die Verwender dieses Spruches dann anderen (zB mir) "Verleugnung" vorwerfen wollen.
Den T'd zu wissen ist den Lebenden nicht gegeben. Denn schon alleine dieses Wissen widerspräche dem Leben selbst. Auch das ist jetzt nicht einfach nur meine *persönliche Meinung*.
Natürlich steht es jedem frei, sich den T'd irgendwie zu "visualisieren", also in Bildern und Vorstellungen begreifbarer scheinen zu lassen. Doch auch diese Bilder können ja wieder nichts anderes sein, als Bilder aus dem Leben selbst. Denn andere stehen uns nunmal nicht zur Verfügung.
All das ist ja auch ok, doch man sollte bescheiden genug bleiben um anzuerkennen, dass diese sehr individuellen "Visualisierungen" letztendlich auch nichts anderes sind, als eine eigene, persönliche Form des "Leugnens".
Und sich somit auch nicht über die persönliche Form des "Leugnens" anderer erheben wollen.
Womöglich sogar, in dem man sich auf "realistisch sein" oder gar "Wissen" beruft.

Grüße

Lillebror
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