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Alt 14.12.2016, 01:36
Dream Dream ist offline
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Standard AW: Lymphdrüsenkrebs mit 81

Lieber Wolle2 und lieber lotol

Danke für euer liebes Zusprechen, ihr wisst nicht, wie sehr mir das hilft! Ich hoffe, euch geht es einigermaßen erträglich und den Umständen entsprechend gut!

Meine Mutter wachte wieder schweißgebadet auf, wir mussten alles wechseln, Nachthemd, Bettzeug, alles durchgeschwitzt. Sie wurde dadurch schon auf fast 33 Grad unterkühlt, als wir Fieber gemessen haben. Wenige Stunden davor hatte sie noch fast 38 Grad und war vom Kopf her recht wirr. Mit 33 Grad denkt sie wieder relativ klar. Nun schläft sie weiter.

Ich hab die Möbel so umgestellt, dass sie nicht ohne Mühe an die Treppe kommt. Ist zu riskant, wenn sie verwirrt ist. Aber sie verträgt die Umstellungen nicht so leicht. Doch musste es sein. Sie isst weniger als vorher, ihr ist leicht elend wie bei Grippe. Dann diese ständige Erschöpfung. Sie grübelt immer wieder darüber nach, was noch zu erledigen sei, bevor sie sterbe. Auf die Höhenklinik will sie immer noch, aber wir erhalten wohl erst im Januar Bescheid.

Ich setze ihr Grenzen, wenn sie mir zu viel abverlangt. Wir suchen dann neue Lösungen. Sie denkt viel an mich und wie es mir dabei geht. Das Kümmern um mich kann sie nicht ganz ablegen, auch wenn ich sie betreue und pflege. Sie sagt immer wieder: "Und Du?" - Ich muss alles auch für mich machen, wenn sie einen Tee will, muss ich mir auch etwas machen. Sie allein will nicht der einzige Grund sein, erst mit mir zusammen reicht es als Grund, sich Tee zu machen.

Ich muss ihr nichts vormachen, die Ärzte waren so offen vor ihr, sagten ihr klar, dass sie nur noch ein paar Monate zu leben habe und sie zu schwach sei für eine Behandlung. Als ich davon sprach, ihr Immunsystem aufzubauen, sie evtl. wieder hochzupäppeln, widersprachen mir die Ärzte sofort, das habe keinen Sinn. Es wird nur noch palliativ medizinisch versorgt. Da es immerhin 3 Ärzte so offen sagten und ich selbst spüre, wie schlecht es ihr geht, glaube ich diesen Ärzten.

Meine Mutter fühlt ebenfalls, dass sie an dieser Krankheit sterben wird. Die Frage ist nur, wie lange sie noch lebt und wie sie diese Zeit verbringt. Es ist nicht leicht, auch wenn sie keine starken Schmerzen hat und ihr auch nicht unbedingt total elend im Magen ist. Doch ist es wie eine Grippe, dann diese starke Hinfälligkeit. Sie kann kaum noch gehen und ihren Körper alleine bewegen. Das geht nur sehr langsam und mit Hilfe. Am liebsten würde sie gar nicht mehr aufstehen, sagt sie. Aber ich ermutige sie dazu, auch mit der Begründung, dass ich überlastet wäre mit einer vollen Bettlägerigkeit, welche der Hausarzt aber bereits voraussagte als Endstadium. Da es noch nicht ganz so ist, hoffe ich immer noch, dass sie evtl. wieder von der Höhenklinik aufgepäppelt werden könnte für vielleicht 1 Jahr, falls diese wirklich durch die Krankenkasse bewilligt wird.

Unsere letzte Hoffnung ist diese Höhenklinik. Dort wäre das Programm, um sie noch irgendwie aufzubauen und zu regenerieren, auch psychisch. Ich träumte von dieser Höhenklinik, doch spürte ich auch dort in der Höhenklinik den lauernden Tod, der wie die Pest umging. Ein bisschen ähnlich wie Thomas Manns Zauberberg-Roman. Meine Mutter weiß von meinen Träumen, immerhin ist der Tod ausgesperrt, vielleicht auch ein Zeichen, dass wir das weiterhin schaffen und sie ihm für eine Weile von der Schippe springt. Wir reden offen darüber, sie will leben, sie hat keine Todessehnsucht, aber sie ist Realistin und setzt sich damit auseinander in den klaren Momenten. Sie sagt, dass die Diagnose für sie ein Schock war. So leicht ist es doch nicht, sich ins Sterben zu fügen. Es ist nicht dasselbe wie vorher, wenn sie nur theoretisch davon sprach, nicht 90 werden zu wollen. Diese Krankheit ist für sie schon auch eine harte Prüfung, da sie vorher immer so arbeitseifrig war, obwohl sie mit einer gewissen Altersgebrechlichkeit leben lernte. Jetzt auf einmal ist sie zu gar nichts mehr allein in der Lage ohne Hilfe.
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LG Dream

Geändert von Dream (14.12.2016 um 01:41 Uhr)