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Alt 27.07.2016, 21:23
Lella Lella ist offline
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Standard AW: Wir haben doch so gekämpft.....

Liebe Manu
Ich möchte Dir widersprechen. Du MUSST nicht umdenken. Du kannst. Lucy sagt es richtig, Trauer ist auch wichtig. Auch ich habe diese Momente. Immer noch. Und jeder muss sein Tempo finden, seinen Umgang. Wenn jemand aus Überzeugung schwarze Kleidung trägt, dann ist das für ihn so richtig. Auch ich habe bis heute Dinge, die ich tue oder nicht tue, weil ich sie für richtig oder falsch halte. Den eigenen Weg zu finden, das kann einem (leider) niemand abnehmen.

Ich glaube, man muss mit der Zeit auch wieder ein Gespür für sich selbst entwickeln. Die meisten von uns haben schon während der Krankheit des Partners kaum mehr eigene Bedürfnisse wahrgenommen. Oft habe ich das Gefühl, dass viele Trauernde versuchen einem Klischee zu entsprechen. Versteht mich nicht falsch, ich meine damit nicht, dass sie etwas vorspielen. Nein, vielmehr erlauben sie sich selbst nicht, dass ihr neues, ungewolltes Leben eben nicht nur aus Trauer besteht. Genauso wenig, wie das Leben zuvor nur aus Glück bestanden hat. Oft beeinflusst durch die Meinung von Menschen, die - mit Verlaub - schlichtweg keine Ahnung haben, wovon sie reden. Es ist amüsant, direkt mit einem Hinterbliebenen konfrontiert, wissen die meisten Menschen nicht was sagen, äussern dies sogar manchmal auch so (ich finden keine Wort, ich weiss nicht was sagen). Das ist in vielen Fällen von Herzen so gemeint. Wie oft, sind es dann aber auch genau die selben Personen, die sich anmassen, darüber zu urteilen, wie sich der oder die Hinterbliebene denn zu benehmen hat. Und wir, durchrüttet bis in unsere Grundfesten, haben nicht die Kraft uns auch noch gegen diese gesellschaftlichen Vorgaben zu stellen und glauben, wir seien schlechte Menschen, wen wir ihnen nicht entsprechen können. Ich will niemandem die Trauer "verbieten", aber lacht, wenn es etwas zu lachen gibt. Freut euch, wenn es Anlass zur Freude gibt. Eure wahren Freunde werden mit euch lachen und sich mit euch freuen. Eure Männer oben auf der Wolke übrigens auch

Ich glaube aber auch, dass es eine Frage der Zeit ist. Laesperanza , ich verstehe zu gut, was Du meinst, Deine Zitate bringen es auf den Punkt. Ja, es ist auch ein Neuanfang. Man wird zu Dingen gezwungen, die man selbst so nie gewählt hätte, die aber gut sind. Es entsteht Raum für neue Beziehungen (und damit meine ich nicht einen neuen Partner), für neue Gedanken. Ich freue mich sehr, dass Du es so sehen kannst. Wenn ich mich an Deine älteren Beiträge kurz nach dem Tod Deines Mannes erinnere, dann hättest Du wohl selbst nie geglaubt, jemals so denken zu können. Ich glaube mit der Zeit lernt man wieder zu trennen. In gute und in schlechte Zeiten. In Freude und in Trauer. Das eine geht ohne das andere, jedes zu seiner Zeit. Auch Normalität, einfach mal keine extreme Stimmung, ein Gefühl, das sehr befreiend ist, wenn man es akzeptieren kann. Ja, wir dürfen auch mal wieder ganz normal sein.

Man muss wieder lernen, auf sich selbst zu achten. Ich bin wirklich kein gläubiger Mensch, aber ich habe tiefen Respekt vor dem Leben. Und im Gegensatz zu meinem Mann, habe ich noch eines. Und ich für mich sehe es als meine Pflicht an, mit diesem Geschenk sorgsam umzugehen und ich betrachte es als mein Recht, trotz allem, noch ein schönes Leben haben zu dürfen.

Ich wünsche allen hier von ganzem Herzen, dass sie das eines Tages auch so sehen können. Und das ich Mut dazu machen kann...
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