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Alt 17.12.2015, 19:45
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Kamel Kamel ist offline
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Registriert seit: 31.08.2015
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Standard AW: psychologische/ philosophische Fragen

Liebe Doris
Danke für diesen Ausstausch.

Ich hatte bei der Diagnose nicht den Schock, denn andere beschreiben, denn als Klinikseelsorgerin habe ich sowohl auf der Gyn, wie auch in der Onkologie und Palliativstation, Neonatologie, viele Menschen beleitet mit Diagnose Krebs und auch beim Sterben.
So hbe ich ein Bild was mich bei Brustkrebs erwartet.

Aber das Thema Tod / Sterben/ Leben hat mich schon schon als Jugendliche interessiert. Der Glaube und Zweifel und auch einige Jahre GottLosigkeit und ein Kindheitstrauma haben mich in diesem Thema immer wieder verändert. Ich erlebe immer wieder neue Aspekte für mein Leben darin. Ich finde es sehr spannend.

Lange Jahre habe ich auch Meditation und Imagination gemacht - seit einigen Jahren nicht mehr, weil das Sitzen sich mit negativen Erleben verbunden hat, dennoch erlebe ich die Meditation im der Gartenarbeit, in der Kreativität und wenn ich alleine spazieren gehe.

Zunächst ist der Tod für mich nichts Endgültiges und nicht immer bedrohlich, manchmal ist er auch gut. Dennoch will ich leben, gut leben, noch möglichst lange leben. Und wenn ich dann irgendwann nicht mehr leben kann, dann darf er mich "heimsuchen". Es ist nicht der Tod vor dem ich Angst habe, sondern das Sterben. Wie werde ich sterben, wie sind die Schmerzen und Umstände? Und das Wie habe ich nicht in der Hand.

Leben heißt für mich, jeden Tag leben, mit all seinen Alltäglichkeiten. Ja, ich habe auch so eine rote Punkte -Liste, von Dingen, die ich gerne machen möchte - die habe ich schon ca 10 Jahre. Und vor ca. 5 Jahren habe ich alles organisiert was ich für mein Steben/ Tod tun kann: angefangen von Patientenverfügung, Vollmachten, Testament, Beerdigungsinstitut, meinen Wünschen zur Beerdigung - die ich mit meiner Frau und Bruder besprochen habe, und Briefe für meine Frau nach meinem Tod. Und ich unterschreibe es jährlich. Ich bin 50 J. alt.
Es war für mich eine große Erleichterung, als ich alles geregelt hatte und als ich diesen Sommer die Diagnose Brustkrebs bekam, dachte ich, ich kann mich auf Leben konzentrieren, alles andere ist schon geregelt.

Und deshalb war mir ein Fest, der mich in die dritte Lebensphase als Frau in einem Ritual einweiht, sehr wichtig. Als Jugendliche wurde meine Blutungen schamvoll erklärt und nicht gefeiert - dass sollte jetzt mit den Wechseljahren anders sein.

Das Leben ist wertvoll, aber ich lebe ganz normal, und wenn ich Zeit vertrödele dann ist das auch ok. Nicht immer kann ich in der Extase und Einheit mit Schöpfung und allem Lebenden leben - das sind Sternstunden, die aber in den Alltag hineinstrahlen und die ich nie vergesen werde.
Tja und mein heutiger Glaube: dass wir nicht allein sind, dass wir von der Schöpferkraft und Weisheit begleitet sind. Es ist personell im Du und doch weit mehr und unfassbar. Es gibt alles Leben und nimmt es wieder auf. Ich bin ein Tropfen Wasser im Ocean, verbunden mit dem ganzen Wasser und bleibe doch Tropfen, solange ich hier auf Erden lebe. Statt Wasser kann ich auch Liebe sagen. Dass diese Leibe mich immer umgibt, durch Menschen, durch die Schöpfung, durch das Göttliche.
Bis jetzt trägt mich dieser Glaube um zu Leben und die Angst des "Wie Stebens" auszuhalten. Aber die Angst gehört auch zu mir, ist eine Teil von mir, eine wichtige Stimme in mir um leben zu wollen.

Es klingt niedergeschrieben so abgeklärt, aber das ist es nicht, es ist immer wieder nur ein Versuch zu beschreiben, was mich zum Thema bewegt....

Bin gespann auf weitere Beiträge,
Gruß Kamel
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