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Alt 09.07.2015, 09:59
Wind Wind ist offline
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Standard AW: CUP - Neuroendokrines Karzinom

Ihr Lieben alle,

Papa ist seit letzten Freitag wieder daheim, CT wurde gemacht, derzeit warten wir auf die Ergebnisse. Naja, warten ist auch ein etwas zu großes Wort dafür. Eigentlich wollen wir nicht wissen, was wir ja auch so schon sehen. Dieser kleine Funken Hoffnung bleibt … ganz tief in mir drinnen … und ich glaube, den hat jeder aus der Familie bei uns. Aber wir trauen uns gar nicht, darüber zu sprechen. Vom Schlimmsten ausgehen und dann …. vielleicht … bitte, bitte vielleicht …
Der Palliativvertrag mit der Krankenkasse wurde bis heute verlängert. Der Arzt sagt, bis heute sollten die Ergebnisse da sein. Papa kämpft mit seinen Schmerzen … die Schmerzpumpe wurde mittlerweile auf 250mg Palladon erhöht. Zusätzlich die Novalgintropfen und seine stündlichen Boni. Er schläft viel, hat nicht wirklich Appetit, isst aber schon. Tageweise ziemlicher Durchfall … manchmal schaffen es Beide dann nicht mehr auf den Toilettenstuhl, was dann noch mehr Arbeit für die Mama ist.
Mein Bruder ist mit Familie wieder abgereist, nachdem er fröhliche Tage am Strand verbracht hat. Es gab erwartungsgemäß ziemlich Stunk, Mama war natüüüüürlich total überfordert … es ist ja nicht so, dass ich sie vorher nicht darauf hingewiesen hätte, aber das ich dann mal wieder als telefonischer Kummerkasten fungiere … so hatte ich mir das nicht gedacht. Aber naja, für das Brüderlein war es eine schöne Zeit … mit Sonne, Sand und Meer.
Und der Hammer … er kommt wieder und regt sich auf, dass sich Mama nicht so sehr für sein Familienleben interessieren würde. Sie würde nur vom Papa, sich und Ärzten sprechen. Sie hätte wenig Interesse an den „Krippeneingewöhnungsgeschichten“ seiner Tochter gezeigt. Und auch so hätte sie wenig gefragt, was sich in seinem Leben abspielt. AHA …!!!! Tja, ist schon eine Unverschämtheit, nicht diese äußerst weltverändernden Dinge wissen zu wollen, während sie unseren sterbenden Papa umsorgt. Also echt, da könnte sie ja wohl mal langsam wirklich nen Gang runterschalten und sich um ihren erwachsenden Sohn kümmern!
Mama war soweit, dass sie mich am Sonntag anrief und sagte, sie wolle das Beerdigungsprozedere rückgängig machen und den Papa, wenn es soweit ist, bei sich behalten. Schließlich wolle sie ihn ja auch mal auf dem Friedhof besuchen, aber so wie es jetzt ist, ginge es nicht. Ich war dann erstmal leicht verwirrt. Sie meinte, sie müsse dann ja entweder bei uns oder meinem Bruder wohnen, wenn sie käme, aber bei ihm könne sie das nicht und uns wolle sie das nicht andauernd zumuten. Das finde ich generell eine nette Geste … also, dass sie nicht andauernd bei uns sein mag … mindestens eine Woche Mama, die einen ganz geregelten Tagesablauf mit 8Uhr Frühstück, 12Uhr Mittag, 15:30Uhr Kaffee, 18Uhr Abendbrot bevorzugt … das ist nicht immer so ganz mit unserem Tagesablauf vereinbar und alleine dadurch sind „Komplikationen“ vorprogrammiert. Aber ich habe sie dann erstmal etwas runtergefahren und mittlerweile ist diese Idee von einer Beisetzung bei ihr vom Tisch. Und selbstverständlich hat mein Bruder auch nie zu ihr gesagt, dass sie nicht bei ihm wohnen könne … das entsprang mal wieder ganz alleine ihrem Kopf, als die sich da alle in der Wolle hatten.
Aber für so einen Mist bin dann ich die ganze Zeit die psychologische Nothotline der Familie. Manchmal lege ich nach so einem Stundengespräch auf und bin einfach nur noch leer. Ich kann dann nichts mehr fühlen … will dann einfach nur noch schlafen, schlafen, schlafen. Es zerrt alles so an den Nerven. Aber ich kann doch auch nicht einfach dicht machen … wenn ich schon nicht da sein kann, dann will ich wenigstens das Bestmöglichste geben. Aber ich kann bald nicht mehr. Ich halte das nicht mehr aus. Wegen so einem Mist … es gibt so andere wichtige Dinge … sieht das der Rest nicht?

Hach, jetzt ist es schon wieder so ein ellenlanger Text geworden. Ach, es ist alles verrückt!

So ... und ab jetzt ... "Warten" auf die Auswertung!
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