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Alt 20.10.2014, 08:58
Charl0tte Charl0tte ist offline
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Standard AW: Nabelmetastase - wer hat Erfahrungen damit?

Hallo Engelchen,
hier möchte mein Versprechen einlösen und Dir meine Gedanken zu Deinem lieben Beitrag drüben bei der ‚Königin‘ mitteilen. Mach’s Dir mal bequem auf dem Sofa! Allerdings hege ich die Befürchtung, dass ich – obwohl Dir virtuell auf dem Sofa gegenübersitzend – doch auf einem anderen Planeten unterwegs bin … Bitte denke bei allem daran, dass ich ganz mit dem Herzen bei Dir bin, auch wenn ich andere Sichtweisen habe. Als ich es vor dem Posten nochmal durchgelesen habe, stellte ich fest, dass es doch alles etwas harsch und bockig klingt. Sollte es eigentlich gar nicht. Habe es aber mal der Ehrlichkeit halber nicht „weichgespült“. Denn es war meine Intention, meine innere Haltung ehrlich wiederzugeben. Dein Angebot zum Denksport habe ich wörtlich genommen und die Gelegenheit genutzt, um meine Argumente und Einstellungen nochmal zu überprüfen anhand Deiner Gedanken. Genug der Vorrede: Dann fange ich mal an:

Ich frage mich, ob es in deinem Fall nicht Sinn macht, den Status quo mal zu bestimmen, um zu wissen, was Fakt ist.

Klar! Fakten machen immer Sinn. Das stelle ich gar nicht in Frage. Es ist auch nicht so, dass ich da nicht immer mal wieder unsicher wäre, oder neugierig. Bin ich auch. Oft. Nun bin ich ja zwei Jahre unterwegs mit meinen „schlecht differenzierten“ Zellen und durfte von Euch hier sooo viele Dinge erfahren, die ich von Ärzten oder von meinem Umfeld nie und nimmer in dieser Genauigkeit, Konkretheit, Eindrücklichkeit hätte erfahren können. Das war und ist sehr hilfreich. Bei manchem aber auch hinderlich. Hinderlich dabei z.B., eine Entscheidung – wie etwa diese Bildgebung – nur aufgrund der Empfehlung eines Arztes zu machen. Denn gerade durch Euch weiß ich, dass bei EK keine Bildgebung der Welt, kein Tumormarker, kein gar nichts die tatsächliche Situation in unseren Bäuchen so genau darstellen kann, dass wir tatsächlich „wissen, was Fakt“ ist. Der Schatten im CT, kann sich bei der OP als „nichts“ herausstellen. Der evtl. tatsächlich vorhandene Tumor sich hinter irgendwas „verstecken“ und das MRT als „ohne Befund“ dastehen lassen. Das hatten wir alles rauf und runter hier, das muss ich nicht weiter ausführen. Bei Dir, Engelchen, erinnere ich mich an Deine Aussage, dass Deine Bauchorgane, da sehr schlank, eng beieinander liegen und daher im MRT recht unübersichtlich zur Darstellung kommen. Ich bin auch schlank (170, 61). Es gibt also auch die real existierende Möglichkeit, dass ich das KM-Risiko auf mich nehme, einen Tag Lebenszeit verliere und mit gleich viel/wenig Wissen wie vorher dastehe. Der einzig sichere Effekt wäre derjenige, dass ich den Arzt „befriedigt“ hätte. Aber das kann ja wohl kein ernstzunehmendes Kriterium für meine Entscheidung sein, oder?
Auch die arme Sandra kommt mir hier in den Sinn. Sie hatte ja wahrlich genug Bildgebungen. Was war letztlich der Fakt? Sie hatte Hirnmetastasen, die sich bereits in neurologischen Ausfällen im Gesicht bemerkbar gemacht hatten, als das MRT hinterher (!) zeigte „was Fakt“ ist. Und was hat ihr dieser Fakt gebracht? Weitere (schmerzhafte, seelisch extrem belastende) Untersuchungen, um weitere „Fakten“ zu produzieren. Was hatte sie letztlich davon? Von den Fakten? Sie verbrachte ihre letzten Lebenswochen in der Gewissheit, Hirnmetastasen zu haben. Gut, hier könnte man das Argument mit der Seltenheit anbringen. 1,7%. Mmmhhh. Lass ich nicht gelten. EK bekommen nur 1,5 % der Frauen, ich habe ihn zu 100 %. „Selten“ ist für mich kein Argument (mehr). Auch nicht bei NWen. WENN mich die allergische Reaktion durch das KM, das Lymphödem nach der Lymphknotenentfernung, die Darmperforation durch Avastin, usw. treffen, dann habe ich es nicht „selten“, sondern eben zu 100 %. Ehrlich, mir reichen 100 % EK total aus. Ich benötige nicht noch 100 % von was anderem. 100 % EK ist mir genug Fakt.

Denn würde man z.B. sehen, dass ein größeres Problem auf dich zukommt, würdest Du denn dann nicht doch die Chemo statt einem möglichen Versterben auf dich nehmen?

Auch hier ein entschiedenes „mmhhhh“. Definiere „größeres Problem“! Da sind wir wieder beim „Fakt“. Ab wann ist das Problem „groß“? Oder „größer“? Ich habe im Moment eine hervorragende Lebensqualität in Anbetracht dessen, was ich als Diagnose mit mir herumtrage (Stadium IIIc mit 1. Rezidiv und aktuell steigendem TM, soviel zu den bereits vorliegenden „Fakten“). Das werde ich durch keine Therapie der Welt gefährden. Und leider wurden mir bisher nur Therapien angeboten, die meine Lebensqualität akut gefährden würden. Ich habe deshalb z.B. bei der OP der Nabelmetastase keiner weitergehenden „Exploration Abdomen“ zugestimmt. Es hätte mich (wieder) ein halbes Jahr Lebensqualität gekostet. Nein! Und, tja, was soll ich sagen? Die Ärztin sagte dann auch „nein“! Zur präoperativen Bildgebung! Zu der ich seinerzeit bereit gewesen wäre!!! Als ich sie wollte, wurde sie mir verweigert! „Wenn Sie die therapeutischen Konsequenzen nicht zu tragen bereit sind, brauchen wir auch keine Bildgebung.“ O-Ton! Damals habe ich mich über sie geärgert. Aber Recht hat sie! Ich würde die „therapeutischen Konsequenzen“ nicht tragen und deshalb ist eine Bildgebung unsinnig! Da bin ich ganz bei meiner Operateurin!
Und jetzt soll ich doch plötzlich!? Finde ich unlogisch! Was hat sich denn verändert? Gut der TM ist weiter gestiegen. Aaaber. Irgendwo hat eine Frau hier mal die Aussage eines Arztes (!) zitiert, dass der TM auch ansteigen kann, wenn ein Tumor zerfällt (!??). Hallo? Dann habe ich wieder woanders gelesen, dass der TM besser gar nicht laufend anlasslos bestimmt werden sollte, weil zu belastend für die Patientinnen (wie wahr!). Und dann noch diese anderen Verursacher wie Entzündungen etc. Wenn ich innehalte und dieses Konglomerat an Widersprüchlichkeiten auf mich wirken lasse, dann … ja was dann? Dann wird eben deutlich, dass es genau das ist: ein Konglomerat an Widersprüchlichkeiten. Widersprüche, die – solange unaufgelöst, ungeklärt – mir in meiner aktuellen Situation es unmöglich machen, die Risiken der Untersuchungen mit KM und Strahlenexposition für einen sehr fraglichen Erkenntnisgewinn auf mich zu nehmen. Ganz zu schweigen davon, wieviel meiner wertvollen verbliebenen Lebenszeit ich in Arztpraxen verbringen müsste. Apropos Lebenszeit, damit meine ich nur diejenige mit guter Lebensqualität. Das sind jetzt genau zwei Jahre seit ED, abzüglich von ziemlich genau vier Wochen, in denen auch ich in Artpraxen oder im KH war. Sonst ging es mir gut. Zwei Jahre. Prognostiziert war mir ein halbes Jahr, wenn ich die angebotene Chemo nach OP nicht mache. Ich habe diese Prognose jetzt vervierfacht. Und es geht mir immer noch gut. Deshalb kann ich die Gegenüberstellung von „doch die Chemo“ versus „mögliches Versterben“ nicht ganz nachvollziehen. Das muss doch kein Gegensatz sein?

Gerade jetzt, wo du schon länger mit dem Biest in Dir lebst, wäre doch ein Ergebnis, das zeigt, dass kein größeres Problem lauert, für dich ein tolle Bestätigung, den eingeschlagenen mutigen Weg des nein-Sagens weiterzugehen. Dann könntest du ruhiger sein und wüsstest dass die Aussage "ihr Problem ist der Tumor" zu relativieren ist.

Warum darf ich eigentlich nicht meine Lebensqualität als Beruhigung akzeptieren? Warum muss mir denn ein Gerät sagen, ob es mir gutgeht? Wie Du ja sehr schön und treffend formuliert hast: ich lebe ja nun schon „länger mit dem Biest in mir“. Warum soll das nicht NOCH länger, viel VIEL länger gehen, z.B. bis ich 80 bin? Vor allem dann, wenn ich mich vor weiteren Schäden in Acht nehme, wäre das für mich eine echte Perspektive. Auch ich möchte gerne mit meinem Mann alt werden.

Die Nebenwirkungen von MRT und CT, ersteres noch weniger, sind fast alles Dinge, die erst in einem späten Lebensstadium gravierender zum Tragen kommen würden. Vor dem Hintergrund, das wir vermutlich keine 70 oder 80 werden - was ich unendlich bedaure, weil ich mich aufs Altwerden total gefreut hatte - ist meine Meinung, dass eine moderate bildgebende Diagnostik durchaus vertretbar ist. Da diese - siehe Gedankengang oben - im Zweifel lebensverlängernd sein kann, da Notfälle vermeidend.

Warum sollte ich keine 70 oder 80 mehr werden können? Und wenn es nur 1 % der EK-Patientinnen wär, die das schaffen. Ich könnte eine von ihnen sein!!! Deshalb finde ich das lässige „Wegwischen“ von Langzeitzeitschäden, die bei uns angeblich nicht mehr zum Tragen kommen können – verzeih den drastischen Ausdruck - etwas zynisch. Das heißt übersetzt doch: „Wir sind ja eh dem Tode geweiht, da sind die paar Strahlen und KM-Gaben dann auch egal.“ Im Thread " .... Jahre geschafft" durften wir ja gerade Beispiele mit wirklich beachtlich langer Überlebenszeit lesen. Alles ist möglich. Das sagen wir ja auch unseren 'Neuankömmlingen' immer. Nicht ohne Grund!

Ich sehe auch nicht, dass ein MRT oder CT einen Notfall verhindern. Der EK-typische Notfall – Darmverschluss z.B. – wird durch ein MRT auch nicht „vorangekündigt“ und durch ein CT wohl eher mitverursacht, denn beim KM für CT, das ja wohl getrunken werden muss, ist die zusätzliche Belastung für den Darm ja offensichtlich. Mehrfach habe ich hier Berichte von sehr unangenehmen Darmsymptomen nach der CT-Untersuchung gelesen: Es wurde beschrieben, es fühle sich an, als ob der Darm gleich platzen würde. Tut mir leid, aber dieses Risiko bin ich nicht bereit zu tragen. Ich habe Monate nach der OP benötigt, wieder einigermaßen (nicht gut) mit meiner Verdauung zurechtzukommen. Das gefährde ich durch nichts. Die andere gefürchtete Symptomatik – die Darmperforation – da sehe ich mich eigentlich außen vor, da ohne Avastin. Letztlich ist ein Tumor irgendwo im Bauch nur selten ein klinischer Notfall (psychisch natürlich schon …). Auch meine Ersterkrankung war kein Notfall, obwohl mein ganzer Bauch voller Krebs und Aszites war. Ich konnte herumlaufen, hatte nur moderate Schmerzen. Die psychische Belastung war viel größer als die körperliche. Aber wem sage ich das.

Aszites, Leber, Nieren, Milz sind durch US gut beurteilbar. Dem könnte ich das Etikett „moderat“ zubilligen. Untersuchungen mit KM sind für mich nicht „moderat“. Sonst müsste ich ja nicht eine Zustimmung unterschreiben, dass ich die Risiken übernehme? Das Wort „moderat“ erstaunt mich auch insofern ein wenig, da Du doch bei Deinem letzten MRT allergisch auf das KM reagiert hast? Die akute Reaktion mag ja nach wenigen Tagen unsichtbar werden, aber der potentielle Schaden für den Gesamtorganismus, das Immunsystem?

Liebes Engelchen, Du siehst ich liebe Denksport ebenso wie Du !!!

Auf bald, freue mich schon auf den nächsten Sporttermin

Apropos, gehe jetzt ins Fitnessstudio. Habe ja noch andere Muskeln als die im Gehirn

Liebe Grüße
Charl0tte

Geändert von Charl0tte (20.10.2014 um 11:05 Uhr)