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Alt 02.07.2014, 10:27
schnaddi schnaddi ist offline
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Standard AW: Novaminsulfon + Tramadol

Ihr Lieben,

ich habe ausgiebig geschlafen letzte Nacht, und fühl mich immer noch durch den Wolf gedreht, wenn auch nciht mehr ganz so wie gestern.

Ich muss jetzt mit meinem Sohn ins Hospiz fahren und das Zimmer leer räumen. Das ist nicht so schlimm, bin aber froh, wenns geschehen ist, und ich mit dem ganzen Vorgang dort erstmal abschließen kann.

Was mir gestern aber aufgefallen ist, in ihrem Zimmer, wo man sie aufgebahrt hat, war sie nicht zu spüren, ich war aber kurz im Bad, und da sind ihre Sachen, und da hab ich sie ganz deutlich gespürt, war ganz seltsam, bin dann wieder raus, zu ihrem Bett, udn da lag sie, war aber nicht zu spüren. Man sagt, die Seele hält sich noch drei Tage am Sterbeort auf, bevor sie dann ins Freie verschwindet. Ich bin sehr gespannt, ob ich sie noch spüren kann, heute wenn ich ihre Sachen mitnehme.

Am Montag hab ich sie mit der Schwester gewaschen und umgezogen, und ihr T-shirt hab ich hier, und ich habs vorhin die ganze Zeit geknuddelt und dran geschnuppert, ich riech sie noch, und sie ist nicht mehr hier. Aber sie zu riechen tut mir im Moment gut, schon komisch alles. Ich kriegs gar net fertig das zu waschen.

Genauso das Nachthemd, in dem sie dann auch gegangen ist, ich weiß jetzt gar nicht, was ich damit machen soll. Ich kriegs nicht übers herz das wegzuwerfen, obwohl ich es mit Sicherheit nicht anziehen werde, ist ein ganz süßes von Esprit. Mom hat sich ja supermodern angezogen, da sind noch haufenweise T-shirts, die ich selbst noch tragen werde, wieso auch nicht. Nur ihr letztes Nachthemd, das nun nicht. Aber es ist auch eigentlich eine Erinnerung die ich nicht aufheben möchte. Ich erinner mich lieber ans Leben. Ich nehms mit und mal sehen, ob mir noch einfällt was ich damit machen möchte. Mom würde sagen, ziehs doch an, ist doch nciht so schlimm, dass ich darin gegangen ist. Hat sie auch recht, dennoch könnte ich das nie.

Morgen muss ich in ihre Wohnung, da werden die Sauerstofftanks endlich abgeholt. Und ich muss ihre Papiere durchwühlen und alles kündigen, was zu kündigen ist. Jetzt in ihre Wohnung ist auch nochmal ne Hürde, da ist ja alles wie sie es verlassen hat. Und ihr Geruch ist da drin. Dennoch die sachlichen Dinge tun mir im Moment gut, bin froh, wenn ich was zu erledigen habe.

Dass sie für immer gegangen ist, ist einfach noch nicht angekommen, zwischendurch kommen Erinnerungen, die sich im Moment noch um ihre letzten Tage drehen, und dann kommen die Tränen. Aber diese schlimme Trauer ist noch nicht da. Ist eher noch so ein Schockzustand, wo man nicht fassen kann.

Dennoch hab ich einen Frieden im Bauch, der unglaublich ist. Ich weiß, sie hat keine Schmerzen mehr und ist jetzt an einem besseren Ort als wir hier. Da bin ich sicher.

Liebe Grüße
und einen wundervollen Tag für euch
Tanja
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Meine Mama
*21.01.1950 01.07.2014

Adenokarzinom Lunge ED:12.03.2012

Nicht den Tod sollte man fürchten, sondern, dass man nie beginnen wird zu leben.
(Marcus Aurelius)

Seid zuversichtlich und stark und lebt Euer Leben mit der Gewissheit, es ist endlich. Kostet das Geschenk des Lebens jeden Tag aus!
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