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Alt 04.09.2013, 02:40
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Katzensprung Katzensprung ist offline
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Standard AW: Mutti muss sterben - persönliche Gedanken zum Tod

Ihr Lieben,

Mutti (69) ist inzwischen komplett gelähmt, ich hab sie die letzten Wochen im Krankenhaus jeden Abend gefüttert. Das sind Bilder, die werde ich mein Lebtag nicht vergessen, wie sie mich anschaut mit ihren schönen blauen Augen. Sie ist immer noch so hübsch! Ich sag ihr das auch, aber sie mag sich nicht mehr im Spiegel anschauen. ok, Ihr Verstand ist recht klar, wird nur ein wenig getrübt von all den Schmerzmitteln Morphin und Palladon.

Hätte mir das Jemand vor einem Jahren gesagt, hätte ich nicht geglaubt, dass ich mit der Situation, meine Mutti zu füttern überhaupt umgehen kann, doch man wächst tatsächlich mit den Aufgaben.

Bis vor wenigen Tagen konnte sie noch den rechten Arm heben, aber die Knochenmetastasen im Nacken lähmen nun alles, fressen den Körper auf. Das wird letztendlich zu einer Atemlähmung führen, soweit muss es hoffentlich nicht kommen...

Sie möchte nach Hause und so soll es sein. wir haben alles vorbereitet. Bett ist da, Pflegedienst, Palliativdienst ... viel zu organisieren...

Ich hoffe nur, sie muss sich nicht lange quälen. Es ist der Horror, was wir durchmachen, also ich kann nicht schlafen und inzwischen ist mein Gesicht ganz verquollen, dabei heule ich gar nicht sooo viel.

Sie tut mir so leid! wir beide, Mutti und wir waren nie ein Herz und eine Seele im Gegenteil, haben oft gestritten.
Wir sind zwei komplett unterschiedliche Frauen.
Ich bin so ganz anders als sie.
Ich bin so realistisch, sie liebt die Märchenwelt. Steckt den Kopf so lange in den Sand, bis es nicht mehr geht.
Ihr Krebs wäre zu einem früheren Stadium heilbar gewesen...

Doch ist unsere Beziehung von grosser Emotionalität geprägt.
Wir sind einander sehr in Liebe verbunden.
Auch wenn wir in unserer Fraulichkeit so anders sind.

Doch nun kommt sie nach Hause.
Das wird eine ganz neue Phase.

Mein Bruder hat sie 2-3 mal besucht, er wirkt erstaunlich gefasst. Ich habe ihn noch nicht einmal weinen sehen, das liegt vermutlich an den starken Psychopharmaka, die er bekommt.
Doch nun war sich seit Tagen nicht bei Ma. Es war der 1., es gab Geld.
Hat er sich wieder Drogen gekauft?

Unser Vater dreht leider völlig durch in blindem Aktionismus. Er schreit mich an, denn ich muss Muttis Auto verkaufen! Schnell!
Las doch mal auf sich zukommen, das sagt man so...

Aber ich bin nun an einem Punkt, wo ich alle noch vorhandene Kraft in mir versammeln muss,
wir werden den Weg jetzt gehen, und ich will nicht wütend sein.

sondern demütig und dankbar,
für die schöne Zeit, die wir hatten.

und unsere letzten Tage mit meiner Mutter noch so schön wie möglich gestalten.

ich hab einen komischen Humor. ich zwinkerte meiner besten Freundin mit Tränen in den Augen zu "Finale".

es ist wie ein Film... ein horror film, aber wenn man die Augen aufmacht ist alles wieder da....

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ich muss ergänzen: Mutti sollte schon entlassen werden, als sie im Knappschaftskrankenhaus sagten, sie können nichts mehr machen - aber sie wollte noch, dass "etwas gemacht wird" daher bekam sie noch 8 Bestrahlungen im St.Josef. Das ist die Ambivalenz, sie möchte nach Hause, aber noch etwas gemacht haben. doch nun kommt sie wirklich nach Hause...

Geändert von Katzensprung (04.09.2013 um 02:49 Uhr)
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