Einzelnen Beitrag anzeigen
  #196  
Alt 24.08.2013, 08:30
Benutzerbild von HelmutL
HelmutL HelmutL ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 03.03.2007
Ort: Dreiländereck
Beiträge: 2.019
Standard AW: Papa, bitte trag mich zurück ins Leben

Hallo Nina,

ein Bekannter fragte mich kumpelhaft ein paar Monate nach Myriams Tod: "Na, wie geht's? Alles klar?" Meine Antwort: "Scheixxe!" Er fragte mich nie wieder.

Ein paar Tage, bevor Myriam verstarb (sie hatte bereits große Atemnot, man sah und hörte es ganz deutlich) jammerte eine Freundin über ihre entsetzlichen Zahnschmerzen. In diesem Moment hätte ich sie am liebsten verprügelt und zur Tür hinaus geworfen. Ich schreibe bewusst 'Freundin', denn das war sie trotzdem. Sie und ihr Mann gehörten zu den Wenigen, die meiner Frau die ganze Zeit der Krankheit vorbehaltslos zur Seite standen. So dachte ich jedoch erst später.

Oft ist es Verlegenheit. Sie wissen nicht, was zu sagen wäre, wollen jedoch etwas sagen. Ansonsten müssten sie sich einfach wortlos wegdrehen, was ihnen auch nicht richtig erscheint. Klar, daß da manchmal nur Stuss heraus kommt. Geht einem doch manchmal selber so.

Nö, du bist nicht 'eigen'. Das sind deine Gedanken in so einem Moment. Alles normal. Ging mir auch so. Man sieht halt alles zuerst durch die eigene Brille. Es ist meistens gut, wenn man dann solche Sätze wie die deinen zuerst mal runter schluckt. Vielleicht kann man sich nach einigem Überlegen auch anders ausdrücken. Die meisten wissen eben nicht, was Trauer heißt. Es liegt auch ein bisschen an uns, es ihnen zu erklären oder das zumindest versuchen.

Zitat:
Zitat von Gina79 Beitrag anzeigen
... ICh werd mich jetzt ablenken und weiter fernsehen! Papa will nicht dass ich traurig bin! ...
Hm. Ich glaube, als Vater wäre ich ganz schön traurig, wenn meine Kinder nicht traurig wären nach meinem Tod. Was ich nicht wollte ist, daß sie nur noch traurig wären und damit nicht mehr fähig zu leben. Mir wäre es lieber, wenn sie verstünden, daß die Traurigkeit genau so zum Leben gehört wie die Freude. Daß die Freude am Leben eben nicht selbstverständlich ist, wie es bis dahin war, und daß sie diese Freude dann erst richtig zu schätzen lernten und wirklich bewusst lebten. Wenn sie lernten, welch großartiges Geschenk das Leben und die Freude daran ist. Genau wie: Regen und Sonnenschein, Tag und Nacht, heiß und kalt.

Als Vater habe ich versucht, ihnen all das bei zu bringen, was man für ein gutes, zufriedenes, Leben braucht. Ich denke, es ist mir (uns) gelungen. Obwohl ich das nicht will, bleibt ihnen nur noch eine Lektion. Meine Letzte. Eine haben sie bereits hinter sich. Sehr schmerzlich, ich weiß. Leider weiß ich auch, daß ich es nicht ändern kann. Wann? Keine Ahnung. Niemand weiß das und niemand kann das wirklich beeinflussen. Keine Chance, das zu verhindern.

"Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen". Seit traurig, wenn ihr traurig seit. Doch lacht auch laut und herzlich. Beides zusammen ist Leben.


Alles Liebe,

Helmut


PS:

@Monika, so ein bisschen ist das auch für dich gedacht. Ich denke, du verstehst, was ich meine.

@Tina, beim Zitieren darfst du alles mögliche aus dem Text raus löschen. Nicht löschen darf man, was in eckigen Klammern steht. Inclusive der eckigen Klammern. Dann klappt das.
__________________
Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376
http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070

Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise.
Mit Zitat antworten