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Alt 19.02.2013, 20:42
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Kleinzelliges Bronchialkarzinom - verzweifelt

Meine liebe Nina,

ich kann sehr gut nachvollziehen, dass ihr möglichst alles selbst bewältigen wollt, doch an eurer Stelle würde ich mir gut überlegen, ob ihr das Palliativnetz bzw. die SAPV ausschlagt. Gerade da dein Papa solche Atemprobleme hat, solltet ihr euch die Möglichkeit offen halten, rund um die Uhr einen Palliativarzt zur Hilfe rufen zu können. Das ist wirklich Gold wert! Wir hatten diese Situation genau letztes Jahr nachts (auf den Tag genau). Mein Vater regte sich derart auf, dass er plötzlich keine Luft mehr bekam und Schnappatmung hatte. Das letzte, was er artikulieren konnte war: "Ich bekomme keine Luft!" Mein Horrorszenario! Wir haben sofort die Palliativhilfe angerufen und die haben uns den Arzt rausgeschickt. In der Wartezeit bat ich meine Ma, gemeinsam mit meinem Vater zu atmen. Immer laut ein und aus und das half. Er horchte auf ihren regelmäßigen Atemrhythmus und passte seinen Atem an. Damit beruhigte er sich und dann schlummerte er ein. Als der Arzt ihn untersuchte, hatte er sich bereits so weit auf seine Reise gemacht, dass dieser vorschlug, ihm zu helfen mit der terminalen Sedierung. So bekam mein Papa nichts mehr mit von den fiesen Schmerzen und konnte entspannt seine Reise antreten. Der Arzt hat uns auch sehr vieles erklärt, auch meinem Dad, obwohl der ja schlief. Das hat uns alle beruhigt und uns die Angst genommen. Danach war Ruhe und Frieden. Ich möchte dir nur zu bedenken geben, dass eines Tages eine solche Extremsituation eintreten könnte bei euch... Auch wenn dein Ma medizinisch ausgebildet ist, so ist es doch ein gewaltiger Unterschied, ob man einen fremden Menschen versorgt oder seinen geliebten Mann... Ich lese das immer wieder hier bei Krankenschwestern.

Es tut mir so, so leid, dass ihr jetzt an diesem Punkt angelangt seid, da euch ins Gesicht gesagt wurde, dass man deinem Papa nicht mehr helfen kann. Die Palliativstation wäre eben nur eine Station, die dafür sorgt, dass dein Papa vernünftig eingestellt wird. Novalgin ist ein gutes Schmerzmittel, doch bei tumorösen Schmerzen reicht es nicht. Ein Palliativmediziner kennt sich einfach besser aus mit Schmerztherapie und welche Wirkstoffe sich miteinander vertragen und für den Menschen okay sind. Mein Papa hatte auch Novalgin plus Morphium (und noch viele, viele andere Medis). Ich kann euch das also nur ans Herz legen. Dein Papa muss ja nicht dort bleiben, aber anschauen schadet nichts. Ich denke, vielleicht wäre es sogar eine schöne und positive Erfahrung für ihn nach all dem Krankenhausstress, denn die Leute dort sind echt großartig. So warmherzig und liebevoll...

Kann es vielleicht sein, dass dein Papa wegen der Wassereinlagerungen Probleme mit dem Harn hat? Eventuell mal nach einer Entwässerungstablette fragen? Aber ich weiß nicht, ob das machbar ist... Ach Nina, das ist alles so traurig! Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob man sich selbst eingesteht, dass es nicht besser wird oder ob ein Arzt einem das ins Gesicht sagt. Das ist so niederschmetternd und fühlt sich an, als würde er euch den Rettungsreifen wegreißen. Und ja, leider bleibt es fast niemanden erspart, was dein Papa jetzt durchmachen muss. Das ist grausam. Aber ihr werdet das gemeinsam schaffen! Ihr habt bereits so viel geschafft! Ihr gebt euch gegenseitig Kraft und Unterstützung.

Alles alles Liebe und ich denke ganz fest an euch morgen Vormittag
Miri

P.S.: Ob Baldrian oder Johanniskraut oder Schüßler Salze... Ganz egal, was es ist, alles was dir gut tut, ist jetzt gut!!!
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
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