Liebe Tine,
ich finde nicht wirr, was du gestern Abend geschrieben hast. Du hast dich deinem Schmerz hingegeben und das ist gut so. Je mehr du zulassen kannst, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass es dich lehrt, mit all dem Schmerz und der Trauer umzugehen.
Ja, weshalb lässt Gott es zu, dass so viele Menschen sich so quälen müssen und dann so elendig sterben? Warum überhaupt werden bereits Kinder so krank? Weshalb gibt es Krebs? Ist das eine Strafe, eine Prüfung? Ich habe auch keine Antworten auf diese Fragen, aber ich persönlich glaube, dass alles, was uns geschieht, einen Grund hat. In allem Schlechten wohnt irgendwo vergraben auch etwas Gutes. In aller Dunkelheit während der Krankheit und des Leidens meines Papas habe ich hier unglaublich tolle Menschen kennen gelernt. Und ich habe erkannt, wie sehr ich meine Eltern liebe und wie wichtig mir das ist. Das war mir leider vorher nicht so bewusst. Auch wenn ich meinen Papa dafür gehen lassen musste, bin ich dankbar für die Gewissheit, die er mir gegeben hat. So betrachte ich es heute nach knapp 11 Monaten.
Für mich besteht das Leben immer wieder aus Loslassen. Wir lassen unsere Kinder los, wenn sie wachsen und Freiheit einfordern, wir lassen unsere erste Liebe los, wir lassen unsere Großeltern los, wir lassen unsere Freundschaften gehen und verabschieden oft auch unsere Träume, ständig sagen wir Lebewohl und eines Tages müssen wir eben endgültig diejenigen loslassen, die wir am meisten lieben. In dem Moment wird und schmerzlich bewusst, dass auch wir vergänglich sind, oder? Aber es ist gut, wie es ist. Und besser, wenn wir es gelegentlich schaffen, uns auf die Gegenwart zu konzentrieren...
Ich hoffe, dass du heute Morgen wieder mit einem Lächeln aufgestanden bist
Liebe Grüße
Miri