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Alt 09.12.2012, 02:18
Sinneswandel Sinneswandel ist offline
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Standard AW: Mein Vater, Malignes Melanom

Hallo Alwina, wie geht es Deinem Papa? Besser mit den Medikamenten jetzt? Weisst Du, das ist „Tagesabhängig“. Heute super, morgen ganz schlecht, übermorgen so la-la. Bei uns änderte sich das sogar innerhalb von Minuten, was von den Hirnmetastasen kam. Im Augenblick würde ich mir keine Gedanken über Werkzeug, Lager, etc. machen. Auch Beerdigung und alles andere würde ich ausblenden. Nutzt die Zeit jetzt für Euch, für Deinen Papa, Deine Mama, Deine Kinder, Deinen Partner etc., sie ist kostbar und sollte nicht mit Dingen vertan werden die noch unwichtig sind. Das kommt noch früh genug und auch wenn es jetzt wie ein Berg von Problemen aussieht...wenn es soweit ist, wirst Du sehen dass es halb so schwierig ist wie es jetzt aussieht. Vieles wirst Du erledigen ohne es wirklich zu registrieren, wie in Trance. Später wirst Du Dich dann fragen: „Hab das wirklich ich alles erledigt?“ Deine Gedanken, was passieren wird, was sein wird....sind mir vertraut. Auch wir hatten Angst, weil wir nicht wussten, was auf uns zukommt, wie es sein wird etc. Aber ich habe damals beschlossen nicht daran zu denken. Ganz bewusst habe ich all das ausgeblendet und auch meiner Mutter gegenüber klar gemacht: „Er lebt, wir leben, und zwar hier und jetzt. Und was später oder morgen sein wird werden wir sehen wenn es soweit ist...und zwar später, morgen.“ Der Krankheitsverlauf meines Vaters....es ist lange her und ging relativ schnell, wir hatten 18 Monate. Malignes Melanom am Innenschenkel, der Tumor war zu gross, die Eindringtiefe zu gewaltig. Der Hautarzt hatte es nicht erkannt . Als mein Vater es nochmals in der Klinik untersuchen liess, weil es nun nässte, wurde er sofort operiert. Den genauen Ablauf möchte ich hier nicht schildern, denn ich möchte niemandem die Hoffnung nehmen. Es waren 18 Monate zwischen Hoffen und Bangen, Achterbahnfahrt rauf und runter, wobei sich die Gondel auch noch nach links und rechts bewegte und sich um sich selbst drehte. Und auch nach seinem Tod ging diese Fahrt noch eine ganze Zeit weiter. Gestorben ist er genaugenommen nicht am Krebs sondern an einer Hirnblutung, die nicht zu stoppen war, 3 Wochen vorher hatte er eine Hirn-OP erfolgreich überstanden. Später wurde uns gesagt, dass dies fast sogar besser für ihn gewesen ist, da bereits wieder neue Metastasen im Gehirn vorhanden waren die nicht operabel gewesen wären. Wie ich schon erwähnte....diese Biester wuchsen so rasant schnell. Samstag morgen um 7.00 Uhr eingeliefert da grosse Schmerzen (zum ersten Mal),aufstehen oder hinsetzen nicht mehr möglich, Sprechen nur noch undeutlich, will nicht in die Klinik, kann mir aber noch antworten als ich sage: „Gut, jetzt Krankenhaus und dann wieder heim.“ Seine Antwort:“ Nein, ich glaube diesmal nicht.“ Klinik, Untersuchungen, künstliches Koma da Schmerzen nicht kontrollierbar, gestorben Samstag nacht 23.14 Uhr. Vielleicht sind die Chancen heute höher, in der Medizin hat sich ja einiges getan aber vor 7 Jahren..... Zu Deiner Frage, ob es leichter wird: Ein ganz klares JA. Es dauert, bei jedem Menschen unterschiedlich lang. Aber es wird besser, es verändert sich. Du wirst Deinen Papa nie vergessen, aber Du wirst anders an ihn denken. Man könnte sagen (zumindest ist das meine Meinung)...überwunden hast Du es, wenn Du an ihn denken kannst ohne Trauer, Bedauern oder Groll zu verspüren sondern mit einer inneren Ruhe und Wärme die sehr, sehr angenehm ist.Wenn Du sagen kannst, ich denke mit einem Lächeln an Dich und bin Dir dankbar, dass Du da warst, habe von Dir Laufen, Radfahren, Schwimmen, Tanzen etc. gelernt, wie man in und durch diese Welt geht und auch wie man sie verlässt. Wenn Du sagen kannst, Ja, ich habe Dich gern und ich habe Dich gut gekannt, auch Deine Fehler und ich erinnere mich gern an Dich, mit all Deinen guten Eigenschaften und Deinen Fehlern. Wenn Du keinen Groll mehr gegen die Ärzte oder andere Menschen hegst, denen Du jetzt noch eine Schuld oder Mitschuld an der Krankheit Deines Vaters oder deren Verlauf gibst. Wenn Du Dich mit jemandem, der ihn gekannt hat, unterhälst und ihr gemeinsam über Anekdoten lachen könnt, nach dem Motto: „Weisst Du noch, wie Vater damals....?“ Dann bist Du mit Dir und ihm im Reinen und er hat den richtigen Platz in Deinem Leben eingenommen. Heute kann ich für mich sagen, dass mich die Zeit damals stärker und auch ruhiger, gelassener gemacht hat. Vieles nehme ich nicht mehr so wichtig, anderes wichtiger. Mein Vater hat mir damals, 2 Tage bevor er starb, etwas gesagt, vielleicht das Wichtigste überhaupt: „Gehe stets den selbstgewählten Weg.“ Das kannst Du jetzt nicht nachvollziehen, da Du die Vorgeschichte nicht kennst, aber für meinen Vater und mich war in diesem Satz alles enthalten. Wir waren im Reinen als er ging. Herzliche Grüsse
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