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Alt 06.12.2012, 18:52
Sinneswandel Sinneswandel ist offline
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Standard AW: Mein Vater, Malignes Melanom

Liebe Alwina,

Erstmal bin ich froh, dass es Deinem Papa körperlich einigermassen gut geht.
Die kleinen Biester genannt Hirnmetastasen haben die unangenehme Angewohnheit sehr plötzlich aufzutauchen, aber auch dann ist noch nicht alles verloren.

Gehen wir das mal der Reihe nach durch, einverstanden?
Und gleich am Anfang...wenn ich mit Ratschlägen nerve...ganz ehrlich einfach sagen.

Zu den Ärzten: Ich kann Dich gut verstehen, ich habe die Ärzte, das Personal im Krankenhaus und alles damit verbundene gehasst. Bis mir klar wurde: Es sind keine Götter in weiss sondern Menschen, die Fehler machen und die Schwächen haben, ausgebildet um Krankheiten zu heilen oder zu behandeln, aber leider nicht gut ausgebildet, schlechte Nachrichten zu übermitteln. Aber mal ehrlich....wer gibt gern schlechte Nachrichten?
Vom Gesetz her sind sie verpflichet, Euch die Wahrheit zu sagen. Aber es liegt in ihrem Ermessen, in welchem Umfang und zu welchem Umfang sie Euch diese Wahrheit mitteilen.
Wenn ihr gezielt fragt, sind sie verpflichtet, aber nur mit dem Einverständnis Deines Papas.
Vielleicht solltet Ihr (Deine Mama und Du) gemeinsam das Gespräch mit dem Arzt suchen und gezielt fragen und ihm vorallem auch die Situation (selbständig, Firma, Hypothek) erklären.
Aber selbst dann kann er (und auch niemand anders) keine genaue Prognose geben.
Jeder Krebs verläuft anders, er kann Euch höchstens Richtwerte geben.

Zu Deinem Papa: Als Selbständiger ist er gewohnt, Entscheidungen zu treffen. Und seine Entscheidung ist, erstmal nicht über den Verlauf seiner Krankheit zu sprechen. Was er Dir sagen will ist: „Lass mich, ich bin noch nicht so weit“. Respektiere das und dränge ihn nicht.
Sprich nicht mit ihm über seinen Tod oder sein Sterben wenn er es nicht will. Er hat ein Recht auf seine Hoffnung. Seine Einstellung kann sich ändern, muss sie aber nicht. Achte auf seine nonverbale Kommunikation, Du wirst merken, wann es soweit ist.
Und dann (wenn er bereits ist) frag ihn ruhig mal was er über seine Krankheit denkt, ob er Angst hat und wovor. Was er im Moment braucht ist....ganz einfach das Wissen, nicht allein zu sein und so akzeptiert zu werden, wie er ist.
Versucht, ihn mit schönen Dingen zu beschäftigen, lasst ihn ruhig arbeiten, wenn er das möchte. Es ist seine Art es zu ver-arbeiten. Nur im Falle dass ein Risiko besteht weil er mit gefährlichen Maschinen etc. arbeitet, sollte er in der Arbeit nicht alleine sein. Wir hatten den Vorteil, dass ich seine Arbeit kannte und auch dabei war, so hatte ich ihn liebevoll auf „Station Beobachtung“, aus dem Hintergrund natürlich.

Zu Deiner Mama: Es ist schwer für sie, am schwersten ist die Ungewissheit. Auch sie sollte ihn nicht drängen. Unterstütze sie, aber vergiss Dich selbst nicht dabei. Die Zeit, die jetzt kommt wird intensiv. Wechselt Euch ab, so dass sie auch etwas Zeit für sich hat. Und respektiert, wenn sie nicht will, dass Dein Papa bis zum Schluss zuhause bleibt, obwohl sie überfordert ist. Es ist keine Schwäche zu sagen: „Ich kann das nicht!“. Und es ist kein Grund für Schuldgefühle.
In dieser Zeit ist alles erlaubt, nichts wirklich richtig und nichts wirklich falsch. Also keine Angst etwas falsch zu machen. Denn Ihr werdet vieles falsch machen und die Alternative wäre auch nicht richtig gewesen. Es gibt kein richtig, kein falsch. Lasst es laufen....ganz einfach.

Zu Dir: Wichtig ist, dass Du auf Dich achtest und Dir die Unterstützung holst, die Du brauchst. Bereite Deinen Mann darauf vor, Du wirst seine Unterstützung brauchen. Sag ruhig auch: „Hey, kann sein, dass ich unerträglich werde, aber es geht dann nicht gegen Dich.“

Zu den Finanzen: Nichts überstürzen, mit der Bank sprechen wegen einer Stundung. Mit der Firma...gibt es Angestellte, die mehr machen können? Sozialdienste helfen mit Rat weiter.
Psychoonkologen sind ebenfalls gute Ansprechpartner, vorallem auch für Angehörige.
Was ich gemacht habe und worüber ich froh bin...ich habe ihm ein wunderschönes Weihnachtsfest bereitet, da ich wusste, es wird das letzte sein.

So, genug unerwünschte gute Ratschläge gegeben für heute.

Dir und Deiner Familie wünsche ich für den Moment alles, alles Gute und ganz viel Kraft.

Liebe Grüsse
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