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Alt 23.06.2012, 13:43
rita2210 rita2210 ist offline
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Unglücklich Mama, wie lange bist du noch bei mir?

ich wollte noch so egoistisch sein und mir wünschen, dass du lange bei mir bleibst, so lange wie nur möglich, aber es wäre nicht fair, ich wäre nicht fair zu dir, wenn ich mir so etwas wünschte. Mein innigster Wunsch, dass du wieder gesund wirst, dass die Zeit vor Mai 2010 zurückkommt, wer kann ihn mir erfüllen? Ist da draußen irgendwer? Wir sind ja schon mal an so jemanden geraten. Der hat uns Gott sei Dank nicht allzu viel Geld abgeknüpft, aber die Enttäuschung danach ist noch größer, aber er hat dir auch Hoffnung geschenkt, es war genau genommen kein schlecht investiertes Geld. Du hast dich ein kleinen Besserungen, die rein gar nichts mit der Krankheit zu tun hatten erfreut und es auf den Einfluss dieses Mannes geschoben.

Ich komme aus dem Lymphdrüsenforum und wir hatten bis vor knapp 2 Monaten noch die Hoffnung geheilt zu werden. Wir waren dran, aber es ist im Vorfeld viel Mist bei der Behandlung meiner Mama passiert und wir kamen schlicht und einfach zu spät nach Köln. Sicher, niemand kann sagen, ob dieses aggressive Mistvieh nicht auch trotz der geeignetsten Behandlungen zurück gekommen wäre, aber so hatte es die besten Voraussetzungen dafür. Und das alles obwohl wir und ein Jahr lang anhören konnten , wie gut doch die Prognosen sind und dass doch trotz dieser Diagnose nichts verloren sein, es sei fast in dieser Welt des Krebses ein Glück im Unglück LDK zu haben und es ist so früh entdeckt worden und überhaupt und zwei Jahre später ist Mama austherapiert und wir warten darauf, dass...sie ins Regenbogenland fährt.

Wisst ihr was erschreckend ist? Die Geschwindigkeit...wie schnell meine geliebte Mama abbaut. Sie ist seit zwei Wochen zu Hause und im Krankenhaus ist sie noch aufgestanden und ist ein paar Runden durch den Flur gelaufen, ist auf Toilette und hat ganz alleine gegessen...aber jetzt ist alles anders. Das Blutbild hat sich leicht verschlechtert, aber nicht bedeutend seit der Entlassung. Die Werte können nicht der Grund sein.

Sie isst nichts mehr, trinken meistens nur nach Aufforderung, weil sie sich über Mundtrockenheit beschwert (hat Bestrahlung hinter sich). Sie steht alleine gar nicht mehr auf und mit Hilfe auch nur noch um sich auf den Toilettenstuhl zu setzen, der gleich neben dem Bett steht.

Am meisten Sorge macht mir aber dieser Zustand der Verwirrtheit. Einerseits, wenn auch immer weniger, sind sehr klare Momente da, und dann völlig aus dem Kontext heraus eine zusammenhanglose Aussage, auf die ich dann eingehe und mitrede, als sei es völlig nachvollziehbar.

Heute war ich noch nicht bei ihr, ich fahre gleich hin. Mein Dad meint, sie habe heute in der Nacht oft aufgestöhnt, aber als er sie fragte, ob sie Schmerzen habe, sagte sie nur immer "Nein, warum hast du mich geweckt, du nervst".
Sie ist also auch fast so ein wenig aggressiv, nicht gegen mich, aber gegen Papa. Es tut mir Leid für ihn, weil er sich wirklich Mühe gibt und 24 Stunden für sie da ist, aber ich muss ihn manchmal beruhigen, er soll es nicht persönlich nehmen, sie meine es nicht so. Er weiß es auch, aber es ist schwierig für jemanden sich so zu sorgen und zu bemühen und dann auch noch beschimpft zu werden. Wieso ist das so? Was passiert da mit einem Menschen? Sie ist gar nicht so.

Ach und was ich auch sehr sehr schrecklich finde ist, dass ihr immer so übel ist. Diese Übelkeit, mit ständigem Brechreiz, nur kommt nichts raus, weil sie ja nichts zu sich nimmt. wie kann man das stoppen? MCP Tropen??? Kann man es überhaupt verhindern? Es ist so auslaugend für den Körper. Ich möchte nicht, dass sie sich anstrengen muss.

Sie möchte sich einfach nur ausruhen. es ist ihr fast schon zu viel, wenn wir einfach nur da sind. Sie hat dann immer das Gefühl, wir warten auf eine Unterhaltung, zu der sie einfach keine Kraft mehr hat. Obwohl das nicht der Fall ist. Ich sitze oft stundenlang nur an ihrem Bett ohne zu reden.

Ich möchte doch nur alles richtig machen. Und momentan beschleicht mich so ein komisches Gefühl. Ich kann mir auf der einen Seite gar nicht vorstellen, dass es innerhalb der nächsten Zeit schon vorbei sein soll und dann fällt es mir wieder schwer zu glauben, dass ein Körper so einen Zustand allzu lange Zeit aushalten kann.

Vor zwei Tagen bat sie mich, ich solle doch mal im Internet nachschauen, wie es mit so Patienten wie ihr zu Ende ginge, sie müsse das unbedingt wissen, wie lange es dauere, was man spüre etc. Soll ich ihr wirklich etwas dazu sagen (ich meine man kann es sowieso nicht genau sagen), aber ich habe mich jetzt immer darauf beschränkt sie weitestgehend zu beruhigen

"Mama, ich bin bei dir, du wirst keine Schmerzen haben und auch nicht allein sein, ich werde alles dafür tun, dass es sanft passiert..."

Heute Morgen rief sie so ins Zimmer rein (hat Papa mir eben am Telefon erzählt) " Bitte komm und befreie mich aus diesem Körper, komm bitte"
Dann riss sie die Augen auf, dann wieder fest zu.

Was soll ich daraus schließen??? Meine Schwester ist im Ausland und es ist geplant, dass sie erst in zwei Wochen kommt. Meint ihr es ist möglich, dass der Zustand meiner Mama sich so zwei Wochen hält? Ich fände es zu traurig für meine Schwester, wenn sie zu wenig oder (Gott bewahre) überhaut keine Zeit mehr mit Mama hat. aber meine Schwester ist auch rein organisatorisch in keiner einfachen Lage, um einfach jetzt schon zu kommen. Ich muss mit ihr reden, obwohl mein Papa es nicht möchte. Er meinte ich solle meine Schwester jetzt nicht damit belasten, aber ich hadere so mit mir....was sagt ihr?

Ich quatsche euch hier zu und stelle tausend Fragen. Es tut mir Leid, aber alleine das Schreiben, ist, ich bin fest davon überzeugt, meine Therapie. Ich weiß gar nicht, wie ich es schaffe alles bis hierher so gut wegzustecken, habe auch Angst, dass ich die Gefühle noch nicht so richtig an mich ran lasse, um funktionieren zu können. Verhalte mich gerade etwas schicksalsergeben, dass ich ohnehin nichts daran ändern kann und es so nehmen muss wie es ist und und und...ICH WILL MEINE MAMA NICHT VERLIEREN. SIE IST MEINE BESTE FREUNDIN!!! ICH LIEBE SIE!!! Ich habe Angst, dass ich es danach nicht aushalten könnte, dann wenn sie fehlt, wenn sie nicht mehr da ist, wenn wir nicht täglich telefonieren und ich ihr die Geschichten von meinen Kindern erzähle, die sie immer so zum Lachen bringen und ihr Herz erfreuen. Ich weiß nicht, ob ich nicht jedesmal zusammenbreche, wenn ich Fotos aus schönen Zeiten betrachte.....


Ich danke euch für eure Aufmerksamkeit. Fühlt euch von mir lieb umarmt.

Rita
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