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Alt 08.06.2004, 06:44
Gast
 
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Standard Wiederkehrender Krebs

Ich weiß nicht, ob das jetzt noch jemand liest, aber ich schreib einfach mal, weil`s raus muss.
am 1.6. ist meine Mutter gestorben, allein im Krankenhaus und nicht am Krebs selber sondern an Wasser in der Lunge. Der Arzt hat gesagt, sie hatte keine Schmerzen dabei, aber wir waren dann noch lange an ihrem Totenbett gesessen und sie sah so aus als hätte sie Höllenschmerzen mitgemacht. Gestern war die Beerdigung und am 11.6. wäre sie 43 geworden. Nachdem sie gestorben war konnte ich mich noch irgendwie ablenken, aber die Beerdigung hat mich furchtbar fertig gemacht. Da hab ich das alles richtig reallisiert. Ich häng im Moment komplett in der Luft und heul die ganze Zeit. Meine Mama war meine Freundin. Ich fühl mich schldig weil sie allein war als sie gestorben ist. Warum ging das auf einmal so schnell? Sie hatte grade wieer ein paar Härchen auf dem Kopf bekommen und wir dachten, es geht vielleicht doch noch aufwärts. Am meisten macht mich fertig, dass meine Tochter ihre Oma mal nur aus Erzählungen kennen wird. Meine Mutter wäre die "coolste" Oma überhaupt gewesen und war es auch, bis sie eben krank wurde. Ich krieg die Gedanken nicht aus dem Kopf als sie mir damals von einem scheinbar sehr tollen und lieben Cousin von ihr erzählt hat, er muss ein wahnsinnig toller Mensch gewesen sein, starb aber lange bevor ich geboren wurde mit knapp 27 Jahren bei einem Motorradunfall, ich seh mich jetzt noch da sitzen und ihr zuhören, ziemlich emotionslos, weil ich ihn ja nie kannte. Das wird meiner Tochter mit ihrer Oma wahrscheinlich auch mal nicht anders gehen und damit kann ich überhaupt nicht umgehen. Sie wird meine Mutter nie richtig kennenlernen, und meine Mutter nicht ihr Enkelkind, dabei hat sie die kleine doch so geliebt. Jedes mal wenn ich mich ein Bisschen beruhigt hab lauf ich automatisch zum Telefon und will meine Mama anrufen, und kurz bevor ich wählen will wird mir wie durch einen Schlag ins Gesicht wieder klar, dass das nie mehr gehen wird. Ich bin echt am Ende. Ich weiß nicht was ich machen soll.Ich halt das ehrlich nicht aus. Ich frag mich auch, wozu wir Tag für Tag arbeiten, zur Schule gehen, essen, trinken und atmen um zu überleben, wenns irgendwann sowieso vorbei ist mit dem Leben. Ich hab Angst, dass danach nichts mehr kommt und meine Mama einfach so weg ist. Sie hat an Engel geglaubt, und daran, dass sie ihren Cousin, ihre Oma und alle verstorbenen die ihr was bedeuten nach dem Tod wiedersieht und glücklich mit ihnen irgendwo weit weg im Himmel noch lebt. Es ist eine schöne Vorstellung, aber ich hab so Angst, dass sie eben einfach nicht mehr da ist, komplett weg, und dass uns allen das gleiche Schiksal blüht. (Ich muss vielleicht dazu sagen, dass ich seit langer Zeit schon Angstzustände, Schweißausbrüche und Panik kriege, wenn ich an den Tod denke. In unserer Familie haben wir alle mit Angstzuständen und teilweise Depressionen zu kämpfen). Ich hätte meine Mutter so gerne nochmal in die Arme genommen und ihr gesagt, dass ich sie lieb hab. Und ich zweifel daran, dass es gut war, ihr nichts zu sagen, sie hätte sich bestimmt auch nochmal verabschieden wollen. Ich geb mir auch ein Bisschen die schuld an ihrer Krankheit und weiß nichtmal genau warum. Vielleicht hab ich zuviel Stress gemacht, oder vielleicht ist das alles so gekommen weil ich seit Jahren nichtmehr gebetet hab, weil ich irgendetwas falsch gemacht hab und nicht weiß was. Sie fehlt mir so. Ich will zu meiner Mama. Ich kann seelisch einfach nicht mehr. Ich kann nicht mehr! Alles bricht zusammen, meine Hoffnung, mein Lebenswillen, mein ganzes Weltbild. Nein, nein ich versteh wirklich nicht, wozu wir überhaupt alle auf die Welt gekommen sind. Ich kann nichts machen. Sie ist weg und ich bin total macht- und hilflos. Das ist für mich das schlimmste Gefühl dass es gibt. Und jeden Tag seh ich meine Mutter im Spiegel und werd so nie drüber hinweg kommen. Ich bin wie meine Mutter, ich hab genau die selben Hände, die selbe Figur, genau die selben Angewohnheiten, den selben Geschmack, den selben Humor. Wir waren Mutter und Tochter, beste Freunde und Seelenverwandte. Mit meiner Mutter stirbt ein ganz großer Teil von mir mit. Wahrscheinlich grad der Teil von mir, der noch einen Sinn im Leben gesehen hat.
Jetzt weiß ich gar nicht, ob man meinen Text überhaupt verstehen kann. ich hab einfach das geschrieben, was ich im Kopf und im Herz hab, und das ist nun mal wirr. Und weil mich drüber reden nur noch mehr runterzieht, versuch ich`s jetzt eben mit drüber schreiben.
Liebe Grüße
Nina
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