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Alt 04.06.2012, 13:56
Simone1979 Simone1979 ist offline
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Standard AW: und taeglich gruesst das Schalentier....

Liebe Maike,


es tut gut zu lesen, dass das Chemos und Bestrahlungen wirken koennen.
Diese Zeit der Ungewissheit ist die Schlimmste....aber was erzaehle ich Dir...geht es Euch anders?!

Ich lebe nicht in Deutschland bei meinen Eltern....bin aber Gott sei Dank nicht berufstaetig, so dass ich 8 Wochen lang bei meinem Vater und Mutter sein konnte und sie so gut es ging unterstuetzen konnte. Jetzt bin ich ersteinmal wieder nach Hause geflogen, denn mein Mann braucht mich schliesslich auch.
Der Abschied fiel mir unheimlich schwer
Anfang August geht es aber erstmal wieder nach Deutschland und dort bleibe ich dann auch fuer unbestimmte Zeit.
Mein Mann (der mir immer moralische Unterstuetzung gibt) versteht voll und ganz, dass ich bei meinem Vater sein muss. Hier drehe ich durch und rufe jeden Tag mindestens 2 mal an um mich zu vergewissern, ob alles ok ist.
Meinem Vater geht es zur Zeit besser....er spricht wieder gut, hat sehr guten Appetit und macht Scherze...von Panik und Depressionen keine Spur. Er bekommt Physio und seine Blutwerte sind super sagt der Arzt.
Allerdings redet er nicht ueber den Krebs und ist der Meinung, der geht schon wieder weg! Will er mich nur beruhigen??? Ich weiss es nicht.
Er ist zu intelligent, um zu meinen, dass es noch Hoffnung gibt. Er redet nicht uebers Sterben. Das hat er nur gemacht, als er noch gesund war...jetzt verliert er kein Wort darueber....das macht mir schon Angst.
Die Chemo hat er sehr gut ueberstanden, ihm war nicht schlecht und hatte noch guten Appetit, allerdings denke ich dass er keine Chemo mehr machen moechte...es hat schon sehr an seinen Kraeften gezerrt....
Die Haare sind ihm auch ausgefallen, jedoch so, dass man gar nicht sieht, dass es an der Chemo lag. Er sieht jetzt aus, wie ein alter Mann, der wenig Haare hat. Wer ihn vorher nicht kannte, sieht keine Krankheit....Da er sehr eitel ist, kam ihm das ganz gelegen....
Wie Du siehst geht es mir heute schon etwas besser... aber das aendert sich stundenweise.
Ich versuche, seine Krankheit zu verstehen und zu akzeptieren, aber ich schaffe es nur bis zu einem gewissen Punkt....

Furchtbar auch die Leute, die mich auf meinen Vater ansprechen. Wie kann man nur soviel Bloedsinn reden?
"Mein Gott, irgendwann muss jeder mal sterben!"---Ach, das war mir neu?!

"Ich kannte mal einen, der ist an LK erkrankt, der ist elendig verreckt"---Danke fuer die aufbauenden Worte! (und das Ganze auch noch vor meinem Vater)....Warum sind die so doof????

"Andere Familien muessen auch Schicksalsschlaege hinnehmen"---- Schlimm genug, sollen wir uns jetzt dadurch besser fuehlen?

"Mein Vater ist mit 50 gestorben, du hattest Deinen Vater wenigstens lang genug".....Wann ist es dann lang genug?

"Muss das denn sein, dass ihr 2 mal am Tag zu ihm ins Krankenhaus fahrt? Da gibt es doch auch Schwestern! ----Mir fehlten die Worte.

Ich hab das Gefuehl, ich werde extrem sensibel gegen jedes Kommentar....
das Schlimmste war: Herrgott, hoffentlich hat er es bald hinter sich, das ist ja keine Lebensqualitaet mehr"...Darf mein Vater das nicht selber entscheiden????? Wie kommen die zu solchen Aussagen....Werden Menschen bei Lungenkrebs auf einmal zu kaltschnaeuzigen Kreaturen?!
Ich hoffe, ihr habt nicht derartige Aussagen zu hoeren bekommen....

Ich versuche mich jetzt bewusst von diesen Menschen fernzuhalten.

Ich danke Dir vielmals fuer Deinen Beitrag....ein wenig Hoffnung hat er mir auch gemacht!

Alles Gute und viel Kraft fuer den weiteren Kampf gegen das Schalentier!
Liebste Gruesse aus Italien
Simone
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