[mai-regen]

Heute vor zwei Wochen war die Trauerfeier für meine Mum. Ich brauchte ein bischen Rückzug von hier und habe die letzten Postings jetzt gerade erst gelesen.Danke an alle für eure lieben Worte.
An Rita,es tut mir leid,dass ich erst jetzt auf deinen Beitrag antworte.Du steckst noch mittendrin in dem,was nun hinter uns liegt.Und jetzt mit etwas Abstand muss ich sagen,es waren die bisher schwersten Monate in meinem Leben,aber es gab einige Momente,die mir jetzt als die kostbarsten,intensivsten,wunderschönsten Momente meines Lebens erscheinen.
Du schaffst das genauso oder besser als ich,jeder,der in solchen schweren Zeiten einem Menschen beisteht, der es aus-und standhält,ist bewundernswert.
Vertraue darauf,was Du intuitiv empfindest,vertraue dir und deiner Stärke.Es gibt Momente,da zweifelt man.Du hast ja meinen Thread gelesen und weisst,auch ich habe gezweifelt.
Aber jetzt weiss ich,alle Emotionen,die ich nach Erhalt der todbringende Diagnose meiner Mum erfahren habe,waren vorweggenommene Trauerarbeit.War stückweiser Abschied,immer und immer wieder.Auch meine "innere Kamera" mit der ich soviel bewusst in meinem Kopf für immer abgespeichert habe,war Vorbereitung auf"Danach"
Liebe Rita,ich würde dich auch gern umarmen.Du machst alles richtig,nutze jede Minute.Lass alle Gefühle zu.Es hilft dir danach....

Ansonsten greift der Alltag wieder nach mir.Meine Kinder brauchen mich ,ich arbeite wieder Vollzeit,versorge unseren Haushalt und den meines Papas und funktioniere.
Ich nutze eine in den letzten Monaten notdürftig entstandene Niesche für meine Zeit zum Trauern.Meine Kids und mein Mann kommen jetzt abends prima ohne mich klar....und das ist meine Chance.So kurz nach sieben fahr ich hier weg.erst mal zum Friedhof.Meine Mum ist ja "erdbestattet",also gibt es einen Grabhügel voll mit Kränzen und Blumen,und Tag für Tag hab ich Vertrocknetes weggeworfen,sortiert,die Schleifen geradegelegt...und dabei mit ihr geredet.
Es ist ein kleiner Friedhof voller alter Bäume und blühender Rododendronbüschen in allen Farben.Und dort werde ich ganz ruhig.Hab Zeit für mich,dafür,eine neue Beziehung zu ihr zu finden,tief in mir.Mittlerer Weile hat sie Schalen mit frischen Blumen und jede Rose aus ihrem Garten wird gnadenlos abgeschnitten und hingeschafft.
Danach fahre ich weiter zu meinem Papa und dann sitzen wir zuhause bei ihm im Garten unter dem alten Kirschbaum und reden und reden.Immer wieder lassen wir die Zeiten der Krankheit vorüberziehen.Ist wohl unsere Art Trauertherapie.Es tut so gut,wenn wir immer wieder feststellen,wir haben alles richtig gemacht,es gibt nichts zu bereuen,seine Frau,meine Mum war immer in Liebe und Fürsorge gehüllt,bei jedem neuen Problem haben wir schnell reagiert,ob Inkontinenz oder Luftnot,Angst oder Mobilitätseinschränkungen,immer ging es irgendwie weiter.Und ihr Sterben war sanft und schmerzfrei und schnell.Das alles gibt und Trost.
Ich überschütte meinen Papa jetzt mit aller Liebe,ich könnte ihn ständig drücken,seine Wärme spüren,die Lebendigkeit.Er ist noch da.Noch habe ich ein Elternhaus,noch bin ich jemandes Kind,noch bekomme ich diese bedingungslose Liebe geschenkt,die nur Eltern für einen empfinden.Wir trauern gemeinsam,aber wir lachen auch,suchen alte Fotos vor,geniessen die Gegenwart.Wir leben!

Liebe Grüsse an euch alle!
Sylvia