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Alt 22.04.2012, 06:40
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Meine liebe Mum hat Lungenkrebs im Endstadium...und fast nichts ist,wie es mal wa

Guten Morgen liebe Sylvie,

kleine Fee hat recht! Ich sehe gerade deine wunderhübsche Tochter mit raschelndem Cocktailkleid und dazu ihre wunderhübsche Mutter, die Wiener Walzer tanzt und auch ganz rote Wangen hat.Wie schön!!! Ja, tanzen und Musik lassen uns mal einen Moment die Schwere vergessen, die ansonsten den Tag bestimmt. Und das ist auch gut so! Niemand kann rund um die Uhr nur funktionieren, wie Alice es auch beschreibt. Ihr alle müsst euch keine Auszeiten nehmen. Ob man dann läuft, wie Jasofe es getan hat und vielleicht noch tut, oder andere Dinge unternimmt... Hauptsache, man hat so kleine Inseln für sich!

Deine Mama bekommt auch morphinhaltige Medikamente, oder? Vieles, wie die leichten "Aussetzer", Halluzinationen (war im geringen Maße bei meinem Paps) und auch die Wortfindungsstörungen und allgemeine Konzentrationsschwäche habe ich dem Medikamentencocktail zugeschrieben. Mein Vater hat da selbst drunter gelitten und meinte immer, er sei nun auch schon "blöd im Kopf". Das tat mir so leid! Und es tut weh, wenn du merkst, dass deine Mama nicht so ganz bei der Sache ist, viele Dinge vergisst und einfach wegdöst. Bei meinem Vater war es so, dass er alles, was mal seinen Alltag ausgemacht hatte, einfach vergessen hatte... Meine Mutter war entsetzt. Keine ihrer Fragen zur Ablage von Papieren konnte mein Papa beantworten. Das Wissen darum war einfach verschüttet. Auch Passworte für Online-Banking, sein Notebook... alles weg! Im nachhinein denke ich mir, dass das alles gar nicht mehr wichtig für ihn war. Er brauchte es nicht mehr, er hat das alles über Bord geworfen, um mit leichtem Gepäck seine Reise antreten zu können. Immer öfter war sein Blick nach innen gerichtet und dann kamen noch einmal all diejenigen Menschen, von denen er sich verabschieden wollte. Einige hat er sich ausdrücklich zu sehen gewünscht und die habe ich alle benachrichtigt. Bitte nicht falsch verstehen, Sylvie! Ich will dir damit jetzt nicht sagen, dass es bei deiner Mama so ist. Vielleicht ist es nur mein magerer Erklärungsversuch... Es könnte ähnlich sein bei deiner Mama. Vieles, was uns bewegt und unseren Alltag bestimmt, verliert die Bedeutung für unsere schwerkranken Liebsten.

Du meisterst das alles so großartig! Eine bessere Begleitung könnte sich wohl niemand wünschen! Auch als ich von dem Sturz deiner Mama im Garten las und ihrem Notruf... Du hast so toll reagiert und dich so wunderbar gekümmert. Ich weiß nicht, ob ich das so gut hätte machen können. Und auch wenn deine Mama bisweilen abwesend ist, glaube mir, sie weiß, dass du immer bei ihr bist, alles für sie tust und sie über alles liebst.

Ich hoffe, du schläfst jetzt noch, während ich gerade schreibe. Schlaf dich mal aus! Das ist wichtig! Und fühle dich geknuddelt, meine liebe Nachteule... sprach das Morgenhuhn und pickte in seinem Kaffeebecher herum;-)))


Miriam
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
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