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Alt 18.01.2012, 05:34
REM-Schlaf REM-Schlaf ist offline
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Standard AW: Ich kann es nicht fassen..Jetzt wir auch?

Hallo Jessy,

erst einmal keine Panik aufkommen lassen! So eine Diagnose ist erst einmal ein Schock, das ist verständlich. Aber dein Mann ist im besten Alter die weniger heimtückische Form von Hodenkrebs zu haben...das wäre schon einmal sehr gut.

Wir haben vor weniger als einem halben Jahr ebenfalls diese Diagnose bekommen. Mein Mann ist nur 3 Jahre älter als deiner.

Es gibt Seminome und Nichtseminome. Erstere metastasieren nicht so schnell und treten bei Männern im Alter deines Mannes häufiger auf. Die Nichtseminome findet man vor allem bei jüngeren Männern.

Wie schnell der Krebs metastasiert kann man nicht sagen, da man nicht weiß, seit wann der Tumor überhaupt schon wächst - ihr bemerkt seit 9 Wochen eine Schwellung - aber der Tumor wächst vermutlich schon länger. Bei meinem mann war es auch so, dass wir es erst seit ca 3 Wochen merkten, dass der Hoden auf einmal irgendwie größer wirkt. Jedoch war der Hoden komplett in Tumorgewebe umgewandelt, innen teilweise schon verflüssigt und nekrotisiert (laut Histologiebefund) - der Arzt meinte, dass es unwahrscheinlich sei, dass der Tumor tatsächlich erst seit 3 Wochen vorhanden ist, dafür sei er einfach verdammt groß (er wog fast 100 Gramm).

Deswegen - lasst euch von den 9 Wochen erst einmal nicht verrückt machen - man kann nicht wissen, ob oder ob nicht Metas da sind. Und selbst WENN sie da sind ist eine Heilung immer noch sehr, sehr wahrscheinlich.

Das CT morgen wird Aufschluss darüber geben können, ob Metastasen zu sehen sind.

Der Hoden muss vermutlich komplett entfernt werden. Je nachdem, was die Histologie dann ergibt, wird danach eine Chemotherapie oder Strahlentherapie empfohlen.

Wir entschieden uns obwohl es keinerlei Metastasen gab für eine Chemotherapie. Sicher ist sicher.

Aber zuerst mal der Reihe nach.

Ein Ultraschall gibt nicht unbedingt Auskunft darüber, ob ein Tumor bösartig ist oder nicht. Die Histologie (Laboruntersuchung nach der Entfernung des Hodens) gibt da Sicherheit.

Natürlich ist es als Mann nicht toll einen Hoden zu verlieren - aber der Körper kann auch mit einem Hoden alles leisten, was er sollte. Testosteronprobleme sollten normalerweise nicht auftreten (laut unserem Arzt) und Potenzprobleme ebenfalls nicht. Wenn es Testosteronprobleme gibt lassen sich diese durch Testosteroneinnahme auch beheben.

Bei uns war es so - der Hoden wurde entfernt, mein Mann verbrachte 3 - 4 Tage im Krankenhaus. Die OP erfolgte über die Leiste, dort hat er nun eine ca 10 cm lange Narbe. Die Heilung verlief gut, es ist eben die ersten 1 - 2 Wochen alles anstrengend und das Aufstehen, Hinsetzen etc. teilweise schmerzhaft. Das lässt sich aber zum Großteil gut mit Schmerzmitteln wie Diclofenac beheben. Sehr schnell und stark wirken da Zäpfchen - fragt am besten danach, wenn er Schmerzen hat.

Nachdem er sich von der OP etwas erholt hat gab es ein Gespräch mit dem Andrologen. Wir wollten zur Sicherheit Samen einfrieren lassen ehe die Chemotherapie beginnt. Die Chemo zerstört die wichtigen Zellen und im allerschlimmsten Fall regenerieren sie nicht - aber im Normalfall sollte der Mann seine Fruchtbarkeit bald wiedererlangen. Um im Falle des Falles dennoch Kinder bekommen zu können ließen wir Samen einfrieren. Nach der Chemo sollte man, so sagte man es uns, 2 Jahre lang nicht versuchen, Kinder zu zeugen. Die Gefahr von beschädigten Zellen ist zu groß. Nach dem Ablauf von 2 Jahren sollte der Kinderzeugung auf natürlichem Wege nichts mehr im Weg stehen.

Ca 2 Monate nach der OP hat mein Mann seine Chemotherapie gemacht. Es war nur eine Einmalchemo mit Carboplatin. Mehr war absolut nicht notwendig weil es ja keine Metastasen gab. Die Chemo hat er gut vertragen. Bis auf Übelkeit und einen ausgefallenen Nagel gab es keine Nebenwirkungen.

Seitdem geht es alle paar Monate abwechselnd zum CT oder Ultraschall.

Selbst wenn es in eurem Fall Metastasen geben sollte - Hodenkrebs hat sehr gute Heilungschancen. Kennst du Lance Armstrong? Der Mann hatte ebenfalls Hodenkrebs - wenn ich mich nicht irre sogar die bösartigere Form und das auch noch in einem weit fortgeschrittenen Stadium. Er hatte überall Metastasen. Ein paar Jahre danach hat er mehrfach die Tour de France gewonnen.

Zwei Bekannte von mir hatten ebenfalls Hodenkrebs. Der eine hatte auf jeden Fall auch Metastasen, bei dem anderen weiß ich es nicht. Beide haben sowohl ihre OPs als auch die Chemos sehr gut überstanden - und es gab auch keine dauerhaften Folgeschäden.

Unser Arzt sagte uns damals: Einen besseren Krebs hätten Sie sich nicht aussuchen können.

Damit hat er recht. Ihr solltet Respekt haben vor dieser Krankheit, natürlich, aber die Heilungschancen sind extrem hoch.

Ich wünsche euch heute viel Glück und drücke die Daumen! Lass doch hier einmal verlauten, was bei den Untersuchungen herausgekommen ist.

Geändert von REM-Schlaf (18.01.2012 um 05:37 Uhr)
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