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Alt 11.11.2011, 23:50
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Ariadne Ariadne ist offline
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Standard AW: Ich kann ohne dich nicht leben

Erinnerst du dich, mein Liebster, an unsere tiefsinnigen Gespräche vor dem Uhu-Gehege im Wildpark?
Er kam mir neulich einfach so in den Sinn, dieser Uhu, und ich wollte ihn sehen. Jetzt und sofort.
So entstand eine spontane Fahrt zum Gehege, und natürlich verfuhr ich mich wieder mal. Das Navi? Zu Hause vergessen.
Angekommen umfängt mich der Pinienwald in einem Teil des Wildparks mit seinem ganzen Zauber. Es ist, als betrete man eine Kathedrale.
Das liegt wohl an der Höhe dieser Bäume, deren Stämme fast von Ästen frei bis in den Himmel zu ragen scheinen.
Es war ein heißer Sommertag, die Luft von Harz und Pinienduft erfüllt der an Kindertage erinnert und auch an andere Tage die verloren sind.

Vom Uhu in seinem Gehege keine Spur. Die Bank davor gibt es noch, und ich setze mich, suche mit den Augen in den hohen Bäumen nach ihm. Nichts. Er lebt um diese Tageszeit noch im Verborgenen.
Es ist still, um mich, um uns, um mich mit dir, um mich allein?
Niemand ist hier, drei Pärchen und ein Radler werden mir begegnen.
Ich bin allein. Wie in einer anderen Welt. Abgeschlossen. Und ich fühle mich plötzlich klein und winzig. Ja wirklich, es gibt tatsächlich Räume, an welchen man das Gefühl hat winzig zu sein/an welchen einem die eigene Winzigkeit bewusst wird.
Hier, zwischen den hohen Bäumen und der Licht durchfluteten Weite des Waldes, kann Alleinsein sehr bewusst werden.
Der Weg führt weiter zu den Enten. Enten sind immer und überall präsent, zu keiner Tageszeit versteckt. Ahnen sie nur ein paar Bröckchen Brot, kommen sie schon angeschwommen.
Doch dieser Platz spricht auf besondere Art und Weise.
Einst sah ich ihn so….
Das ist freilich ein Moment, der ins Herz trifft.
Jäh kam mir der Gedanke, ob ich diesen Schmerz suche? Nein - ich denke nicht. Ich wandele nur mit kleinen Schritten auf alten Trampelpfaden.

Der Weg führt weiter zu den Wildschweinen.
Ihr Stammplatz ist leer, zerwühlt und morastig, verlassen.
Finde schließlich das Familienglück beim Genusssuhlen woanders.
Bei so viel Zufriedenheit, könnte leicht der Wunsch aufkommen Wildschwein zu sein.

Leo – liebster Leo, würdest du, vielleicht in einem anderen Leben, gemeinsam mit mir so glücklich sein wollen?
Eine ernsthafte Frage verlangt eine ernsthafte Antwort – die ich nicht erhalte.

Zurück zum Ausgang am Uhu vorbei.
Und ganz hoch oben im Tannengrün entdecke ich ihn endlich. Von hier unten schaut es aus als seien seine Augen geschlossen. Auch er scheint seinen Traum zu träumen.

Ist es so, dass vielleicht alle Lebewesen ihre eigenen Träume haben?
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Habe den Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen.
Emmanuel Kant

Geändert von gitti2002 (01.01.2015 um 01:53 Uhr) Grund: Abbildungen werden nicht mehr vollständig angezeigt
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