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Alt 08.03.2011, 10:58
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Erzangie Erzangie ist offline
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Standard AW: B-Zell Lymphom...und jetzt?

Ihr Lieben,
mal ein kleines Update hier von mir:

mein letzter Chemozyklus ist jetzt zwei Wochen her und seit vier Tagen ist mir auch nicht mehr schlecht. Meine Blutwerte sind soweit in Ordnung (das waren sie eigentlich die ganze Zeit, auch wenn die Leukos ganz schön sinken über die Zeit). Nun erwarten mich noch zwei Runden Rituximab, bevor das Abschlussstaging ansteht.

Davor habe ich Angst. Klar, wie alle hier. Ich versuche mich nicht davon beherrschen zu lassen und widme mich jetzt meiner Diplomarbeit. Ich bin mit einem Professor einig geworden, der meine Arbeit betreuen wird und mit mir das Thema definiert hat. Obwohl ich mich im Marketing am Besten auskenne, schreibe ich meine Diplomarbeit im Bereich Wirtschaftsförderung und ich freue mich riesig darüber!

Am Wochenende ist etwas ganz schreckliches passiert. Ich erzähle euch davon, weil es vielleicht diese Statistik-Geschichte über Heilungs- bzz. Überlebenschancen auch noch mal von einer anderen Seite beleuchtet: ich hatte damals in der vierten Klasse einen Freund. Was man in dem Alter so nennt, wir liefen Hand in Hand über den Schulhof und stellten uns vor, wie es wohl wäre, verheiratet zu sein. Wir wechselten auf verschiedene Schulen und verloren uns im Lauf der Zeit aus den Augen. Bis vor einigen Monaten, als sich herausstellte, dass Lunas neuer Freund an der Gesamtschule SEIN Sohn ist. Wie das Leben so spielt, stellten wir vergnügt fest, als wir uns in der Schule trafen und führten einige angeregte, gegenseitig interessierte Gespräche.
Am Freitag ist dieser Mann vor seiner Haustür (!!!) tödlich verunglückt. Er wollte einem Nachbarn sein neues Motorrad vorführen, rutschte in der Einfahrt seines Hauses aus, prallte mit dem Kopf auf und war sofort tot. Die Familie versuchte ihm noch zu helfen, aber es kam alles zu spät. Er hat einen 11jährigen und einen 6jährigen Sohn und er hatte so viele Pläne! Er sprühte vor Lebensenergie... alles vorbei.

Ich habe so geweint. Um ihn, um mich selbst, um alle hier, die so krank sind. Das Leben ist doch ein teuflisches Glücksspiel... man muss NUTZEN, welchen winzigen Zipfel man auch erhascht. Letzten Endes sind diese "Statistiken" nur Zahlen. Man muss Glück haben und auf der richtigen Seite des Doppelpunkts stehen, und man muss genießen und LEBEN, was man hat.

Trotz Zelltiefs war ich am Samstag Karneval feiern. Ich habe zwar nicht sooo lange ausgehalten, dafür war ich zu platt, aber ich war raus, mit Freunden zusammen, hab viel gelacht und mich kein bißchen dafür geschämt, dass ich als Rheinländerin alle Karnevalslieder mitsingen kann. An meiner Wand hängt ein großes Wandtatoo: VIVA LA VIDA, es lebe das Leben! So gut es eben geht.

In diesem Sinne wünsche ich euch, dass ihr an jedem Tag etwas findet, das ihr genießen könnt!

leicht angeschlagene Grüße

Angie
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Angie

Nodales Marginalzonenlymphom
Stadium 3A
Diagnose 6/08 (endlich)
Therapie: watch and wait
ab 4.Oktober 2010 STIL-Studie
6x R-Bendamustin + 2x R
KOMPLETTE REMISSION 05/11
Erhaltungstherapie 2 Jahre Rituximab



Panta rhei
...Alles fließt und nichts bleibt; es gibt nur ein ewiges Werden und Wandeln...
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