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Alt 23.02.2011, 22:07
ulphin ulphin ist offline
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Standard AW: Wie lässt man einen geliebten Menschen gehen?

Liebe Franziska,

ich finde nicht, dass Du nicht ganz so mutig bist wie Du meinst, denn allein dadurch, dass Du Dich mit der Krankheit Deines Vaters beschäftigst, Dich mit dem Thema Sterben und Tod, Loslassen, Weitergehen auseinandersetzt, das ist nicht so einfach, dazu gehört Mut. Mut, den viele nicht aufbringen, leider, auch aufgrund der Tabuisierung dieser Themen in unserer Gesellschaft.

Meine Beschäftigung mit diesen Fragen ist nun schon ziemlich genau ein halbes Jahr her, so dass ich nun über andere Dinge, die mit dem Tod meiner Mami einhergehen, nachdenke.

Bei mir war es so, dass ich von dem unmittelbaren Tod meiner Mami während meines Urlaubs erfuhr; dort war ich, weil sie es so wollte. Wir hatten vor meiner Abreise von einander Abschied genommen, wobei ich noch gehofft hatte, sie nach meiner Rückkehr noch auf dieser Welt anzutreffen. Leider (oder Gott sei Dank – das habe ich für mich bisher noch nicht endgültig geklärt) werde ich Mami erst auf der anderen Seite wieder sehen.

Bei unserem letzten Beisammensein habe ich ihr sagen können, dass wir eine gute Zeit haben/hatten, dass ich sie sehr lieb habe. Das war sehr sehr wohltuend.

Als ich aber die Nachricht von ihrem bevorstehenden Tod erhielt (an diesem Tag ist sie dann auch gestorben), fühlte ich mich wie gelähmt, fassungslos, wütend, hilflos. Ich war dann am Strand, habe an der Wasserlinie gesessen, habe nassen Sand aus meiner Hand zu Türmen tropfen lassen, die dann wieder vom Meer weggespült wurden; es war wie eine Meditation. Irgendwann habe ich den Gedanken gehabt Mami, ich kann Dich gehen lassen, nimm auf mich keine Rücksicht mehr.

Aus dem was Du schreibst, scheint mir, dass Du an diesem Punkt noch nicht angelangt aber auf einem guten Weg dahin bist. Wenn Dein Vater bereit ist zu gehen, Du ihn aber festhältst, dann kann er nicht gehen. Ich meine, Du solltest nicht "gegen" ihn kämpfen.

Wie Du mit Deinem Kind über die Situation redest, hängt natürlich im Wesentlichen von seinem Alter ab. Ich denke aber, dass es sehr sehr wichtig ist, wenn Du den beiden die Gelegenheit gibst, sich voneinander zu verabschieden. Dein Kind solltest altersgerecht darauf vorbereiten, dass der Opa sehr krank ist und sein baldiger Tod nicht ausgeschlossen werden kann. Kinder haben in der Regel ein sehr gutes Gespür wenn man versucht, ihnen Dinge vorzuenthalten, sie wissen, dass irgendwas nicht stimmt, können aber nicht einordnen, um was es geht. Es hilft nur Offenheit.

Haben Deine Eltern vielleicht miteinander über die Beerdigungsmodalitäten gesprochen? (Wie) kannst Du mit Deiner Mutter reden?

Vielleicht gibt es ja die Möglichkeit, Deinen Vater in einem Hospiz zu betreuen, wenn er dies möchte? Ich selbst habe hier keine Erfahrung, da meine Mami zum Schluss zu Hause war; und das war gut so.

Wenn Deine Eltern heiraten wollen, so sollte dies auch sehr kurzfristig möglich sein, vielleicht hilft es den beiden, wenn Du die erforderlichen Informationen zu den Voraussetzungen einer Eheschließung (schau mal nach§ 13 Personenstandsgesetz) zusammenträgst.

Möget Ihr Euren Weg gehen.

Herzlich

ulphin
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