Einzelnen Beitrag anzeigen
  #20  
Alt 17.02.2011, 09:37
Olli-Minden Olli-Minden ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 31.01.2011
Beiträge: 75
Standard AW: Stark sein - aber wie?

Hallo ihr Lieben,

heute möchte ich mal wieder meinen Thread aktualisieren und euch alle auf dem Laufenden halten.

Am Dienstag ist meine Mutter ins Krankenhaus gekommen. Auf Empfehlung ihrer Frauenärztin hat sie sich für ein Brustkrebszentrum entschieden, dass rund 150 Kilometer von uns entfernt ist. Mein Bruder, meine Schwägerin und mein Vater haben sie hingebracht und sind auch den ganzen Tag bei ihr geblieben. Ich konnte leider nicht mitkommen, da wir dort nicht mit einer "halben Armee" auflaufen wollten und meine Frau mich jetzt auch braucht. Sie ist selber krank, hat multiple Sklerose und sitzt im Rollstuhl. Da sie sehr an meiner Mutter hängt, nimmt die ganze Situation auch sie gehörig mit.

Wie gesagt, meine Schwägerin hat meine Mutter den ganzen Tag begleitet, ist zu allen Untersuchungen mitgegangen und hat ihr beim ausfüllen der vielen Fragebögen geholfen. Ich war erleichtert, als ich das gehört habe, denn meine Mutter ist sehr unselbständig und besitzt kaum Selbstvertrauen. Schon die einfachsten und alltäglichsten Situationen überfordern sie und sie zieht sich dann schnell in ihr Schneckenhaus zurück.
Soweit, so gut.
Die Ärzte und Schwestern haben sich am Dienstag sehr einfühlsam und fürsorglich um meine Mutter gekümmert und ihr alles genau erklärt. Einzig die Tatsache, dass meine Mutter schon seit einigen Jahren ständig geschwollene Beine hat, sehr schnell außer Atem ist und unter Bluthochdruck leidet, hat die Narkoseärztin wohl ein wenig nervös gemacht. Da die Operation für Donnerstag angesetzt war, wollte sie, dass meine Mutter am Mittwoch noch einmal von einem Internisten auf mögliche Herz-Kreislauf Erkrankungen hin untersucht wird.

Und nun kommt der Hammer:
Gestern Abend um 18.00 Uhr habe ich mit meiner Mutter telefoniert und wollte wissen, was der Tag so gebracht hat. Schon an ihrer Stimme war zu hören, dass sie wieder sehr verunsichert war. Sie sagte mir, es habe sich, entgegen den Ankündigungen, den ganzen Tag über niemand bei ihr blicken lassen. Kein Internist, kein Anästhesist, keine Stationsärztin. Nicht mal von den CT-Ergebnissen, die eigentlich mit ihr besprochen werden sollten, habe sie etwas gehört. Mehrfach hatte sie wohl auch schon bei der Stationsschwester angefragt, wie es nun weitergehen solle. Jedesmal hieß es dann wohl nur: "Sie bekommen Bescheid."
Bei allem Verständnis für die organisatorischen Abläufe in einem solchen Krankenhaus, frage ich mich aber dennoch, wie man eine alte, krebskranke und völlig verunsicherte Frau so hinhalten und allein lassen kann. Noch am Dienstag hatte sie einen festen Ablaufplan bekommen und dann kümmert sich plötzlich einen ganzen Tag lang kein Schwein mehr um sie. Sie wusste gestern Abend noch nicht einmal, ob sie nun heute operiert wird, oder nicht. Außerdem hatte meine Schwägerin das Personal auf der Station ausdrücklich darauf hingewiesen, dass meine Mutter, unabhängig von ihrer Krankheit, psychisch sehr labil ist. Wäre es unter diesen Voraussetzungen gestern nicht möglich gewesen, dass sich wenigstens mal ein Psychologe mit ihr unterhält?

Gestern Abend um acht habe ich dann noch mal mit meiner Mutter telefoniert. Inzwischen hatte sich dann wohl doch noch ein Arzt bei ihr blicken lassen, ihr quasi zwischen Tür und Angel die Lunge abgehört und lapidar mitgeteilt, dass sie heute morgen ganz früh noch in ein anderes Krankenhaus gebracht würde. Dort sollten noch zwei weitere Untersuchungen (genaueres sagte er dazu nicht) gemacht werden und anschließend würde sie dann "eventuell" doch noch operiert. Hallo, geht´s noch? Wie kann man ihr in einer solchen Situation mit Ausdrücken wie vielleicht, möglicher Weise und eventuell kommen?
Als ich das hörte, hatte ich nicht schlecht Lust, mich ins Auto zu setzen, dort hinzufahren und den Herrschaften in Weiß erst einmal tüchtig den Marsch zu blasen! Aber was hätte das gebracht? Wahrscheinlich bin ich derzeit so angespannt, dass ich selbst die kleinste Abweichung vom ursprünglich geplanten Behandlungsverlauf als Katastrophe empfinde. Trotzdem bin ich nach wie vor der Ansicht, dass der Umgang, den man gestern mit meiner Mutter zu Tage gelegt hat, so nicht in Ordnung war.

Im Moment bleibt mir nichts anderes übrig, als abzuwarten. Mein Vater will zwischen 16.00 und 17.00 Uhr nochmal auf der Station anrufen und sich nach meiner Mutter erkundigen. Sollte sich heute wieder nichts getan haben, überlege ich ernsthaft, ob ich sie wieder nach Hause hole. Wir haben in unserer Stadt ebenfalls ein sehr modernes Krankenhaus mit einem zertifizierten Brustkrebszentrum. Allerdings hört man nicht viel gutes darüber. Andererseits kann ich mir aber kaum vorstellen, dass man dort noch schlimmer mit meiner Mutter umgehen könnte.

Liebe Grüße
Oliver
Mit Zitat antworten