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Alt 01.02.2011, 11:39
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Ariadne Ariadne ist offline
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Standard AW: Ich kann ohne dich nicht leben

Seit Tagen schleiche ich um ein Problem herum, ein handwerkliches Problem.
Ich möchte einen Büroschrank verschieben, denn dort wo er gerade steht befindet sich dahinter der Sicherungskasten, und jedes Mal wenn eine Lampe kaputt ist oder eine Sicherung herausspringt heißt es: Ordner raus, Schrank wegrücken, Sicherung hoch knipsen, Schrank wieder hin und Ordner wieder rein. Eine Aktion also, die man fürchtet und entweder durchführt oder über Wochen mit nicht leuchtenden Lampen lebt. So lange, bis es einen selbst nervt.
Also Ordner raus, Schrank in Richtung neuen Platz verschoben. Ganz schön schwer das Teil und dann, dann ging es nicht mehr weiter. Pfusch am Bau! Platz b) ist niedriger als Platz a).
Wie kann das sein? 1mal gemessen, 2mal und auch ein drittes mal.
Meine pragmatische Entscheidung: Schrank absägen!
Und das mir, wo ich doch seit eh und je das Sägen hasse.
Also: Schrank umgekippt, nach ägyptischem Vorbild transportiert.
Säge aus dem Keller geholt, die Stichsäge natürlich. Sägeblatt verbogen vorgefunden. Keine Ahnung wer das so hinterlassen hat und wie das Blatt zu wechseln ist. Und die Sägezähne, sind die nicht zu grob?
Problem und Schrank liegen gelassen – mitten im Leben, mitten im Raum, tagelang.
Schreiner angerufen: „Könnten Sie mir nicht einen Schrank absägen?“ „Keine Zeit, liebe Frau, erst wieder in drei Wochen.“ „Lieber Schreiner, wenn ich ihn nun mit der Stichsäge selber absägen würde, meinen sie ich schaffe das einigermaßen gerade?“ "Aber nein, liebe Frau, das wird krumm und schief. Warten sie, ich komme, wenn es mir möglich ist – in drei Wochen.“
Und da lag er dann, dieser Schrank, seit Tagen. Er und die Ordner.
Gestern fiel also die Entscheidung: Ich säge ihn selber ab!
Als erstes war das verbogene Sägeblatt zu richten, ohne es zu demontieren. Ein dünner Schlitz zwischen zwei Metallfüßen meines Schreibtisches bot sich als Möglichkeit an. Sägeblatt bis zur verbogenen Stelle in den Schlitz gesteckt und mit viel Gefühl in die andere Richtung gebogen. Mit sehr viel Gefühl freilich, denn so ein Blatt bricht schnell. Nach wiederholten Versuchen war das dann geschafft und ich fast glücklich. Wieder in den Keller nach Schraubzwingen und einer Führungsschiene. Schraubzwingen rostig vorgefunden und mit ein paar Hammerschlägen gängig gemacht.
Abgemessen, kontrolliert und mit den Schraubzwingen und einem geraden Brett eine Führungsschiene konstruiert, und dann konnte das Sägen endlich losgehen.Halt – Haare hoch stecken und gemäß Sicherheitsvorstellungen aus dem Sägebereich bringen, wollte ich nicht mein eigenes Skalp … Und jetzt, jetzt konnte es endlich losgehen. Ich lege die Säge an, betätige den roten Knopf und die groben Zähne fressen sich in das Holz.
Entlang der Führungsschiene säge ich wie ein Profi, ein weiblicher Profi. Setze meine Führungsschiene 2mal um, säge die linke Seite, das Mittelteil und die rechte Seite und bin begeistert von meiner Sägekunst. Alles ist gerade, nichts ist krumm und schief. Der Schrank steht mm-genau in der vorgesehenen Nische.

Und dann – soll ich stolz sein darüber, weil mir solche Dinge gelingen? Bin ich aber nicht.
Ich setze mich vor meinen Schrank und weine bittere Tränen, und ich weiß nicht einmal warum.
Leo liebster Leo – du fehlst, du fehlst, du fehlst, und ich hasse Stichsägen.
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