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Alt 19.01.2011, 01:32
undine undine ist offline
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Standard AW: Ich bin alleine mit meiner Trauer ...

Liebe Isabell,

es tut mir unendlich leid, dass du deine Mutter verloren hast.
Ich weiß erst seit November, dass meine Ma Lungenkrebs im Stadium IV hat, und wenn ich daran denke, dass ich sie in naher Zukunft verlieren werde, zerreißt es mich und ich weiß nicht, wie ich damit leben soll. Und das, obwohl ich schon 40 Jahre alt bin und wir uns in den letzten Jahren oft gestritten haben.

Deshalb muss es einfach für dich unglaublich entsetztlich sein! Bitte fühle dich in den Arm genommen

Ich kann mich nur anschließen, bitte hole dir Hilfe! Therapie hat manchmal so einen komischen Nebengeschmack, aber das muss überhaupt nicht sein! Als ich mit 21 Jahren eine extrem schlimme Erfahrung machen musste, hat meine Hausärtzin, (die auch Therapeutin war), mir geholfen, damit umzugehen. Sie wusste schon, welche "Knöpfe sie drücken" musste, damit ich mich öffnen kann. Manchmal habe ich einfach nur geheult und geheult, und sie hat mir geholfen, mit meiner Trauer umzugehen.
Hast du vielleicht eine Vertrauenslehrerin in deiner Schule, die dir vielleicht helfen kann? Das wäre vielleicht eine Möglichkeit. Oder vielleicht einfach einen weiblichen Menschen in deinem Umfeld, vielleicht die Mutter einer Freundin, wo du dein Herz ausschütten kannst und die dir vielleicht behilflich ist, Hilfe zu finden?

Ich kenne es von meinem Vater, aber vor allem von meinem Bruder, dass er manchmal der größte Gefühlsdepp ist, wenn es darum geht, mich aufzufangen oder zu trösten. Da ist bei vielen Männern eine totale Hilflosigkeit mit Trauer umzugehen und solche Floskeln wie "wird schon wieder" sind für sie regelrechte Rettungsanker, an die sie sich klammern. Das ist nicht böse gemeint. Viele Männer haben (leider auch heute noch), nicht gelernt, Emotionen zu zeigen, weil sie auch Schwäche bedeuten.

Da mein Vater auch so einer ist, habe ich ihn, (auch in der Vergangenheit), einen Brief geschrieben, in dem ich genau beschrieben habe, wie ich mich fühle.
Vielleicht solltest du ihm auch von deiner großen Trauer erzählen, deiner Empfindung, dich alleine zu fühlen und vor allem auch von deiner Angst, dass dich der Schmerz noch überrollen wird. Das würde ihm bestimmt eine gute Hilfestellung geben, um zu erkennen, wie er dir helfen kann.
Und auch wenn keine Wunder passieren werden und er sicherlich nicht deine Ma ersetzen und dich auffangen kann, wird es auch weitere Nähe zu dir schaffen.
Und er wird begreifen, was für eine gigantische Aufgabe vor dir liegt: die Trauer mit den Vorbereitungen zum Abitur zu vereinbaren. Und vielleicht kann auch er dich unterstützen, dass du Hilfe bekommst.

Ich hoffe, ich habe nicht zu konfus geschrieben... ist schon sehr spät

Bitte fühle dich gedrückt und alles Liebe!
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Ich habe mit Hilfe der Menschen im Krebsforum meine Mutter 2010-2011 bei ihrer Lungenkrebserkrankung (Adenokarzinom) begleitet.
Sie starb Weihnachten 2011.
Danke an alle, die mir geholfen haben. Und alles Liebe für alle, die den Kampf gegen Krebs bestreiten.
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