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Alt 18.01.2011, 17:07
JeanineK JeanineK ist offline
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Standard AW: Ich bin alleine mit meiner Trauer ...

Hallo Isabell,

lass Dich mal ganz lieb von mir in den Arm nehmen

Meine Mama ist am 02.07.2010 gestorben. Und auch wenn ich schon 42 Jahre alt bin, habe ich auch gerade im Moment das Gefühl, dass alles schlimmer wird.

Wenn Du gar nicht mehr weiter weißt, dann red mit Deinem Arzt und geh zu einem Therapeuten. Du kannst Dir auch erst einen suchen und dann von Deinem ARzt eine Überweisung holen.
Ich bin in Therapie. Alle paar Wochen (im Moment so ca. alle 3 Wochen) gehe ich hin. Manchmal fühle ich mich stark, wenn ich bei der Ärztin sitze und andersrum, tut es gut, sich auszusprechen.

Mir hatte die Therapeutin gesagt, dass Trauer in Schüben kommt. Und auch, dass erst nach den ersten 6 Wochen alles raus kommt. (Die Katholiken haben darum ihr 6-Wochen-Amt). Und nicht umsonst redet man von einem Trauerjahr. In diesem Jahr werden wir immer denken, letztes Jahr habe ich das und das mit Mama unternommen..... aber es gibt auch einige liebe Menschen hier, bei denen ist der Tod der lieben Mama schon 2 Jahre her und auch ihnen fällt es schwer.

Als ich 18 war, ist meine geliebte Oma gestorben. Sie war wie eine 2. Mutter für mich und ich habe mit ihr in einem Zimmer übernachtet. Ich bin nach 1 Woche wieder in die Schule und alles hat funktioniert. ABer so ist es auch. Man funktioniert einfach.
Ich habe über 10 Jahre angst, dass Mama sterben könnte. Und dann, als sie gestorben ist (das ganz schnell, keine 3 Monate nach Diagnose, für mich also überraschend), fühlte ich an dem Morgen, als ich aus dem Krankenhaus kam eine komische Erleichterung. Es kann ja kein Telefon mehr klingeln, dass mit Mama was ist. Ich war total geschockt, wie ich dachte. Aber auch das hat mir die Ärztin erklärt. Ich stand ca. 3 Monate unter enormen Stress. Immer zu den Ärzten und die Angst um Mama. Und weil ich über 10 Jahre angst davor hatte. Sie meinte, dass ist vergleichbar mit einem Fallschirmsprung... man hat angst, wenn man hochfliegt usw. und vor allen Dingen vor dem Sprung. ist man aber gesprungen, dann kann man nichts mehr ändern. Es ist das eingetreten, wovor man so lange angst hatte. Und das Gefühl wäre ganz normal. Ich denke, weil der Körper funktioniert, sonst würde ich zusammenbrechen. Ich habe früher immer gesagt, wenn sie mal gehen muss, gehe ich mit oder in die Irrenanstalt. Und ich funktioniere. Ich schaffe meinen Job und nebenher noch eine Fortbildung (letztes Jahr = Prüfungsjahr). Im März habe ich Mama noch meine Ergebnisse vorgelesen und sie war so stolz auf mich.
Und dann überkommt mich wieder diese Hilfslosigkeit. Das nicht aktzeptieren wollen, und Schuldgefühle einreden usw.
Glaube mir. Als Oma starb, hat mir eine Freundin geschrieben, die Zeit würde alle Wunden heilen. ich war stinksauer auf sie, wie kann sie so etwas schreiben? aBer sie hatte Recht. Wir werden immer an unsere Omas und Mamas denken, aber der Schmerz wird weniger. Bei mir ist es auch körperlicher Schmerz. Mir schlägt alles auf den Magen. Bei Dir vielleicht auf den Kopf.
Aber indem Du immer wieder weinst, wenn Du möchtest, trauerst Du. Du verarbeitest. Und schön, dass Du hier Hilfe suchst.
Hier versteht Dich jeder.
Hier versteht auch jeder, dass die Trauer keineswegs nach 7 Monaten vorbei ist. Nein. Noch lange nicht. Sie wird nie enden.
Aber hier können wir uns gegenseitig helfen und trösten.

Ich wünsche Dir alle Kraft, die Du brauchst. Gerade wenn man Krank ist, braucht man seine Mama, egal wie alt man ist.

Gute Besserung.
Und Kopf hoch. Hier ist keiner alleine.

Liebe Grüße
Jeanine
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